Lieber McSchreiberling!

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Stuttgart 12.02.2012

Was müssen es für erbauliche 30 Minuten gewesen sein, die Sie benötigten, Ihre als launigen Kommentar verpackte Verachtung für einen alten Mann in Buchstaben zu verwandeln. Länger hat es hoffentlich nicht gedauert, die Idee des Pfahlsitzers zu konstruieren. Unbeachtet der Rahmenbedingungen des Themas S21: Da setzt sich ein 86 Jahre alter Mann mitten in der Nacht bei tiefen Minusgraden in einen Baum in einer Innenstadt Deutschlands. Und Ihnen fällt nicht mehr ein, als ihn durch den Kakao zu ziehen? Welches Recht nehmen Sie sich heraus ihre publizistische Reichweite mit einem solchen unsäglichen Artikel zu missbrauchen? Wo bleibt ihr unterstellter Anspruch, den Antrieb dieses Menschen zu dokumentieren und im besten Fall noch zu würdigen?
Bild Quelle: @AufstandS21
Das von Théophraste Renaudot 1631 gegründete Format „Zeitung“, Ereignisse und Nachrichten für eine angenommene Leserschaft zusammen zu fassen und einzuordnen, ist mit „McSchreiberlingen“ Ihres Kalibers weit von diesem Anspruch abgekommen. Selbst wenn man nur annimmt, der nun hier aus dem Gesamtangebot der StZ heraus gestellten Artikel sei nur als Kommentar zu werten, bleibt die Frage: Was will uns der Autor eigentlich sagen? Das der Mann in seinem Alter genug Zeit hat sich auf diesen Baum zu setzen? Das er verwirrt und senil sich vor seinen Pflegern auf einen Baum flüchtet?

 

Ihr Satz „Sieben Stunden lang haben Sie auf der Platane ausgeharrt – leider wird es für immer ein Geheimnis bleiben, über was Sie sich dort oben mit dem Baum unterhalten haben.“ bezeichnet ihren grundsätzlichen Denkfehler. Es ist der Fehler mancher Ihrer Kollegen und auch Ihrer selbst, dass die Öffentlichkeit nicht weiß weshalb er auf diesen Baum gestiegen ist. Wären Sie und Ihre Kollegen in der Lage, das Geschehen in und um den Baum herum, zu erfassen und zu publizieren statt sich auf gut gepflegte Ticker der Nachrichtenagenturen zu verlassen. Dann hätten wir einen Artikel in Ihrer Zeitung, auf den man nun verweisen könnte. Dann wüssten wir um die Hilflosigkeit, um den Antrieb, um das Motiv dieses Mannes.

 

Denn, mal ganz unter uns gesagt, ein 86 Jähriger steigt nicht mal eben aus Jux und Dollerei auf einen Baum, möge er noch so gut beisammen und fit sein. Und schon gar nicht, um sich bei -13° in eine Reihe von Pfahlsitzern aus Freizeitparks ein zu reihen. Wobei ja schon allein Ihr Vergleich, Baum und Pfahl, tief blicken lässt. Nein, dieser Mann hat augenscheinlich sehr starke Motive, die Sie in Ihrem Artikel lächerlich machen. Und immerhin haben Sie es hier mit einem in Stuttgart durchaus nicht unbekannten, ehemaligen Akademiker mit Lehrtätigkeit an der Universität Stuttgart zu tun, dessen Fachgebiete Philosophie, Psychologie und Pädagogik eben auch im Kontext seiner Kletteraktion für relevant gehalten werden. Sie können davon ausgehen, dass dieser Mann trotz seines stattlichen Alters sehr genau weiß, was und warum er es tut.

 

Kurzum: Lieber Herr Raidt, Ihre als Kommentar verpackte Häme misslingt. Ihr aus ihrem persönlichen Fachgebiet herbei gezauberter Anglizismus am Ende des Artikels ist billig. Schreiben Sie doch lieber weiterhin Geschichten für Kinder, Tiere und Sport. Sie können auch gerne den Trainer des FC nieder schreiben. In einem solch aufgeladenen Themengebiet wie S21 haben solche Texte wie der Ihre aber nix zu suchen. Und ist es auch noch so schnell verdientes Geld, sie haben Verantwortung wenn Sie in einem Auflage und Reichweiten starken Medium schreiben. Sie können Herrn Rollett, ja er hat einen Namen, auch gerne für seine Aktion kritisieren. Dann aber bitte indem Sie sich mit Ihm und seinen Motiven beschäftigen und dies bitte auch mit der Portion von Respekt, die jemand wie er verdient hat.

7 Kommentare

  1. was für ein übler STZ-Kommentar über den famosen Herrn im Baum, die so genannten Stuttgarter Tageszeitungen sind eben einfach nur noch unterirdisch und vollständig embedded unterwegs, zynisch und respektlos. Völlig unangemessen, gerade jetzt, lässt tief blicken. Um so erquicklicher nun dieser Kommentar, spricht mir direkt aus dem Herzen…wird Zeit für eine ganz neue Presse, das wird immer klarer….

  2. eine kleine anmerkung

    bitte herrn raidt auch nichts für kinder schreiben lassen. in dem o.g. link das wort kinder mit blumen austauschen.

  3. Die Schreiberlinge von der StZ sind das Allerletzte!! Von Anstand, Moral und Redlichkeit keine Spur . Aber was soll man schon von so einem Gesockse erwarten können , wenn die eh nur schreiben was ihnen vorgekaut wird.
    Schlagzeile in 20 Jahren: Wir haben von nichts gewußt?!

    Wenn ihr von nichts wißt, dann unterlasst doch bitte eure hirnlosen Beiträge und wechselt den Job.

  4. Tja, Alter schützt vor Thorheit nicht. Wenn sich jemand selbst zum Narren macht, dann braucht er fùr den Spott nicht zu sorgen. Wer bezahlt eigentlich den Einsatz der Feuerwehr?

    • Ich gehe davon aus, der er selbst bzw. ihn unterstützende Menschen den Feuerwehreinsatz zahlen werden. Und ich gehe davon aus, das er/sie es gerne tun, weil er/sie es bewusst so gemacht haben. Sowas nennt man Rückrad. 😉

  5. Für StZ und Raidt: Wie tief muss man journalistisch und menschlich-moralisch gesunken sein, um solche seiner Gedanken zu Papier und in die Öffentlichkeit zu bringen. Unabhängig vom Thema, Menschenwürde sollte auch kein Schreiberling, der offenbar Demokratie und Engagement als Feinde seines Glaubens hält, verletzen dürfen. Pfui Deubel, StZ.

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