Stuttgart 21: Der Einstieg in den Ausstieg

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Eisenbahn-Blog Friedhelm Weidelich – Fachjournalist RAILoMotive
 
 
Wie so viele Stuttgarter habe ich das Thema Stuttgart 21 schon lange satt. Deshalb das Wichtigste in Kürze:
Der ehemalige Daimler-Benz-Vorstandsvorsitzende Edzard Reuter, SPD-Mitglied, ist mit seinen 83 Jahren sicher unverdächtig, noch eigene Interessen an Stuttgart 21 zu haben. Er forderte im Gespräch mit dapd ein Ende des Projekts. “Ich bin überzeugt davon, dass wir bei der Endabrechnung weit, weit über den veranschlagten Kosten liegen werden.” Stelle man Kosten und Nutzen gegenüber, sei der Aufwand unvertretbar.
 
Das ist zwar für jeden Menschen mit ein paar Jahren Lebenserfahrung nicht neu, aber in jedem Fall richtig. Die Beteuerungen der Bahn, mit 4,5 Mrd. auszukommen, sind – freundlich formuliert – unglaubwürdig.
Grube hofft weiter auf das große Geschäft mit der Naivität der Politiker und will über die 4,5 Mrd hinaus keine Mehrkosten hinnehmen. Wie der Deutschlandfunk berichtet, hat Bahnchef Grube habe MP Kretschmann in einem Brief mitgeteilt, dass sein Unternehmen keine Finanzzusage abgeben werde. Damit wäre bei einer Weigerung des Landes das Projekt gestorben.
Frontal 21 veröffentlichte jetzt eine interne Aktennotiz aus der Zeit von Ministerpräsident Oettinger, die damals schon realistische Kosten von 6 Mrd. schilderte.
 
Über die Rolle der IHK, zurechtmanipulierte Befragungen und Meinungsbilder verliert man besser kein Wort. Der Meinungskrieg ist in Gang, es wird mit unlauteren Mitteln und blanken Lügen gekämpft.
Dass der alte Kopfbahnhof, selbst wenn man S21 bauen würde, noch 15 bis 25 Jahre in Betrieb bleiben und 15 Jahre Vernachlässigung, in der DB Netz und DB Station&Service Kasse gemacht haben, durch neue Investitionen ausgeglichen werden müssen, sollten sich die vor Augen führen, denen die S21-Lobbyisten einen Bären wegen der Ausstiegskosten aufbinden wollen. Diese Renovierungskosten von ein paar hundert Millionen fallen sowieso an. Nur dass man dann einen Großteil der Renovierung durch Abriss vernichten will. Einem Häuslebauer muss das bitter aufstoßen.
 
Gegen den Nachweis, dass der U-Bahnhof nur 32 bis 35 Züge abwickeln könne, wie Wikireal nachgerechnet hat, hat sich die DB entgegen ihren heftigen Klageandrohungen immer noch nicht gewehrt. Entweder fehlen ihr die Argumente, oder sie bereitet sich schon auf den Ausstieg vor.
Egal, ob das Quorum erreicht wird und wie hoch die Quote der JA-Sager für den Ausstieg wird: Der Ausstieg aus dem Wahnsinnsprojekt ist alternativlos und eine Frage des gesunden Menschenverstands, aber auch des Friedens in Baden-Württemberg.
 
Nachtrag: Grube fiel dem ZDF-Reporter bei einer kritischen Frage ins Wort, grinste jovial und zeigte mit seiner Körpersprache und dem Spiel seiner Finger, dass er sich unbehaglich fühlt und lügt. – Der ZDF-Beitrag ist jetzt online.
 
Nachtrag 23.11.: Sehr aufschlussreich, was die vielen gelogenen Zahlen betrifft, ist dieses Interview mit einem Vertreter des Prüfungsamt des Bundes in der KontextWochenzeitung.