Stuttgarter Polizeipräsident will Versammlungsfreiheit für S21- GegnerInnen einschränken

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Presseerklärung vom 11.12.2011
Quelle:
 http://www.versammlungsrecht.info

In einer Pressemitteilung vom 9.12.2011 kündigt der Stuttgarter
Polizeipräsident Züfle weitgehende Einschränkungen der
Versammlungsfreiheit an. So heißt es dort: "Künftig werde die
Stuttgarter Polizei mehr als bisher verkehrslenkend eingreifen, um die
Beeinträchtigungen für die Allgemeinheit bei Aufzügen zu verringern.
Dazu gehöre beispielsweise, die bei der Anmeldung und dem
Kooperationsgespräch vereinbarten Aufzugstrecken konsequent einzuhalten.
Die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit werde dadurch nicht
unverhältnismäßig eingeschränkt."

Aber verhältnismäßig will er sie schon einschränken, zum Beispiel das
Recht auf  Spontanversammlungen, die vom Grundrecht auf
Versammlungsfreiheit (§ 8 Grundgesetz) gedeckt sind, wird dann für
S21-Gegner suspendiert.

Damit aber nicht genug:
"Mit rund einem Dutzend Kameras werden die Bereiche des Nord- und
Südflügels, des Grundwassermanagements und der relevanten Bauflächen im
Mittleren Schlossgarten überwacht. Hinweisschilder werden Passanten
künftig auf die dortige Videoüberwachung aufmerksam machen."

Es soll also verdachtsunabhängig, rund um die Uhr, flächendeckend
gefilmt werden. Eine derart exzessive Observation beeinträchtigt aber
die innere Entschlussfreiheit, an einer Versammlung teilzunehmen
("innere Versammlungsfreiheit")  sprich – schreckt ab und schüchtert ein
– und ist deshalb rechtswidrig.

Auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das Recht des
Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung
seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen, wird dadurch
beeinträchtigt. Diesen mehrfachen Rechtsbruch will Polizeipräsident
Züfle auch noch mit dem Landesbeauftragten für Datenschutz abstimmen.

Thomas Trüten, Sprecher des Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit
dazu: „Wir fordern den Datenschutzbeauftragten auf, sich diesem Ansinnen
zu widersetzen und für die Einhaltung der Bürgerrechte Sorge zu tragen.“

Der Aufbau einer Drohkulisse durch sogenannte „Gewahrsamscontainer“ auf
dem Cannstatter Wasen und dem Einsatz tausender Polizisten (die Zahl
9000 wird von der Polizei weder bestätigt noch dementiert) wird als
„umfassende Deeskalationsstrategie“ bezeichnet.
Das ist eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit. Auch die Aussage
Züfles zur Blockade von Baustellenfahrzeugen: „Ein solches Verhalten sei
im Grunde nicht friedlich, vor allem deshalb, weil es immer wieder von
aggressivem Verhalten geprägt sei“ ist stark einseitig wertend und
entspricht nicht der aktuell durch das Bundesverfassungsgericht
vertretenen juristischen Bewertung von Sitzblockaden.

Thomas Trüten weiter: „Wenn das Baurecht der Bahn höher steht wie die
Grundrechte, dann muss das zu denken geben und die demokratische
Öffentlichkeit ist – unabhängig von der Position zu 'Stuttgart 21' –
aufgerufen, sich einer solchen Entwicklung entgegen zu stellen.“

Mit freundlichen Grüßen,

Thomas Trüten
Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit

http://www.versammlungsrecht.info