09.11.2014 Antifaschistische Gedenkveranstaltung

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antifa gedenkva

Anlässlich der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10.November 1938 luden am Sonntag mehrere Initiativen (Cannstatter Stolperstein-Initiative, u.a.) zu einer Gedenkveranstaltung auf den Wilhelmsplatz und zur anschliessenden Kranzniederlegung am Gedenkstein der ehemaligen Synagoge.

cams21 war vor Ort und hat die gut besuchte, kraft- und würdevolle Veranstaltung Aufgezeichnet:

03:00 Freie Chor Stuttgart

14:45 Rainer Redies (Stolpersteininitiative Bad Cannstatt)

39:00 Theodor Bergmann (Zeitzeuge)

56:00 Vertreterin des Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart

1:09:10 Freie Chor Stuttgart

1:19:30 Nelken und Kranzniederlegung

 

Hintergründe und der Originaltext des Einladungsflyers:

75 Jahre nach Beginn des 2. Weltkriegs wissen wir: Es war alles vorbereitet!

Am Abend des 9. November stürmten gut organisierte SA- und SS-Truppen hunderte Synagogen, tausende Geschäfte und Wohnungen und setzen diese auch in Brand. Zehntausende wurden von SS und Gestapo verhaftet, über 100 ermordet. Der Terror gegen jüdische BürgerInnen, der mit der Machtübertragung an die Faschisten 1933 begonnen hatte, fand damit einen ersten Höhepunkt: Sie wurden ihres Besitzes beraubt, zur Auswanderung gezwungen, in den Selbstmord getrieben, in Konzentrationslager verschleppt und letztendlich in den Gaskammern ermordet. Die Synagoge in Cannstatt wurde vom Leiter der Brandwache, zwei Feuerwehrleuten und einigen Nazis angezündet. Fast alle männlichen Stuttgarter Juden zwischen 18 und 65 Jahren wurden verhaftet, ja sogar Kranke sowie Jugendliche unter 18 Jahren kamen ins Gestapogefängnis Welzheim, aber auch ins KZ Dachau.

Der Jahrestag der Pogromnacht ist für uns Anlass, den Opfern des deutschen Faschismus zu gedenken.

6 Millionen JüdInnen fielen der Shoa zum Opfer, schätzungsweise mehr als 250.000 Sinti und Roma in Europa wurden im Zuge des Rassenwahns gedemütigt und ab 1940 in den Konzentrationslagern interniert und umgebracht. Unzählige KommunistInnen, SozialdemokratInnen, GewerkschafterInnen und andere AntifaschistInnen wurden bereits ab dem 30. Januar 1933 verfolgt und verhaftet, um frühzeitig jeglichen Widerstand gegen die Faschisten und die hinter ihnen stehenden Herren des Großkapitals zu brechen.
Der deutsche Faschismus entfachte den 2. Weltkrieg im Interesse der deutschen Banken und Konzerne.
Schätzungsweis 80 Millionen bezahlten mit ihrem Leben, davon alleine 27 Millionen SowjetbürgerInnen. Europa lag in Trümmern.

Der Jahrestag mahnt uns aber auch, alles dafür zu tun, dass von deutschem Boden „Nie wieder Faschismus und Krieg“ ausgeht.

Anlass zur Mahnung und zum Protest besteht, wenn:

  • Es bei 20 Prozent der Bevölkerung weiterhin einen latenten Antisemitismus gibt.
  • Gegen den Islam gehetzt und gegen Moscheen demonstriert wird und diese Ziele von Anschlägen werden.
  • Angst vor „Flüchtlingsströmen“ und „Armutsmigranten“, insbesondere Sinti und Roma geschürt wird.
  • In Europa Rechtspopulisten immer mehr Zulauf haben, die AFD bei Landtagswahlen über 10% der Stimmen bekommt.
  • Der vom Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss vorgelegte Abschlussbericht zu dem Schluss kommt, dass die „Häufung falscher und nicht getroffener Entscheidungen und die Nichtbeachtung einfacher Standards den Verdacht gezielter Sabotage und des bewussten Hintertreibens eines Auffindens des rechtsextremen NSUTrios durch die Behörden zulasse“.
  • Im ukrainischen Odessa am 2. Mai 2014 rechte Schlägerkommandos AntifaschistInnen in das Gewerkschaftshaus treiben, dieses anzünden, über 100 Menschen ermorden und Medien und Politik schweigen.
  • Bundespräsident Gauck am Antikriegstag den Konflikt mit Russland weiter zuspitzt, die sowjetischen Opfer im 2. Weltkrieg verschweigt und offen für noch mehr Kriege mit noch mehr deutscher Beteiligung wirbt.

Wir dürfen nicht zulassen, dass wieder Bevölkerungsgruppen als Sündenböcke herhalten müssen und Menschen gegeneinander ausgespielt werden. Deshalb gilt es zusammen zu halten gegen Faschismus und Rassismus, gegen Sozial- und Demokratieabbau und gegen Krieg.
Die Losung der Gefangenen des KZ Buchenwald, die sich selbst befreien konnten, bleibt deshalb Aufgabe:

  • Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung.
  • Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.
  • Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!

 

Veranstalter: Bündnis zum Gedenken an die Pogromnacht in Bad Cannstatt

Weitere Veröffentlichungen zu dieser Gedenkveranstaltung: Das Schicksal der Familie Marx –  StZ

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10.11.2014 / pet