Die Rostbrühe aus dem GWM

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Wasserprobe vom Infiltrationsbrunnen IBr34
Entnahme der Wasserprobe
Entnahme der Wasserprobe am Infiltrationsbrunnen IBr 34

 

Die Entnahme einer Wasserprobe am Stuttgart 21 Infiltrationsbrunnen IBr 34 Mitte April 2014 zeigt, dass  sehr viel Eisenhydroxid, also Rost, in das Stuttgarter Grundwasser infiltriert wird. Der Rost stammt aus den blauen Rohren des Grundwassermanagements für die Stuttgart 21 Baustellen. Die Rohre entsprechen nicht dem Planfeststellungsbeschluss. Entgegen der Ausschreibung der Bahn sind es keine Stahlrohre mit Kunststoff-Innenbeschichtung und sie sind mit solchen Rohren auch nicht vergleichbar.

Wenn Wasser in ein Trinkwasserschutzgebiet einleitet wird, dann darf es keine Fremdstoffe enthalten. Das gilt eigentlich generell für die Einleitung von Wasser in das Grundwasser und das gilt ganz besonders für Heilquellenschutzgebiete. So steht zum Beispiel in der Verordnung zum Schutz der Stuttgarter Heilquellen:

(§3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung des Regierungspräsidiums Stuttgart zum Schutz der staatlich anerkannten Heilquellen in Stuttgart-Bad Cannstatt und Stuttgart-Berg)
 „Es sind nur Handlungen zugelassen, die eine Verunreinigung des Grundwassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften nicht besorgen lassen.“

und nachfolgend liest man in §3 Abs. 4 der Verordnung sogar den Satz „Das Versickern von Niederschlagswasser ist verboten, …“ außer natürlich Niederschlagswasser von Dachflächen und was sonst noch unvermeidbar ist.

Beim Projekt Stuttgart 21 werden große Mengen Grundwasser aus den Baugruben abgepumpt, gefiltert und ein Teil des Wassers wird an mehreren Stellen wieder in den Untergrund infiltriert.  Damit da keine Fremdstoffe, wie zum Beispiel Eisenhydroxid (Rost) aus den Rohren, in den Untergrund des Heilquellenschutzgebietes gelangt, steht im Planfeststellungsbeschluss:

(PFB 1.1 auf S. 60 unter Ziff. 7.1.10 Baumaterialien)
Baustoffe bzw. Baumaterialien die bauzeitlich oder dauerhaft im Kontakt mit dem Grundwasser stehen (bzw. bei denen mittelfristig ein Kontakt mit dem Grundwasser nicht ausgeschlossen werden kann) müssen grundwasserverträglich sein.

Dass sich die Bahn an die Planfeststellungsbeschlüsse hält, insbesondere auch in diesem Punkt, das bestätigte die Deutsche Bahn am 27. Mai 2011 bei einer öffentlichen Veranstaltung im Stuttgarter Rathaus auf Nachfrage. In der Ausschreibung wurden deshalb Stahlrohre mit Kunststoff-Innenbeschichtung für das Grundwassermanagement vorgeschrieben. Natürlich wären andere Lösungen, wie zum Beispiel die Verwendung von Edelstahlrohren denkbar. Die Firma Hölscher Wasserbau bot eine andere, kostengünstige Lösung an und hat den Auftrag bekommen. Doch was für das Grundwassermanagement an Rohre in Stuttgart angeliefert wurde und jetzt eingesetzt wird, das sind ganz gewöhnliche Stahlrohre ohne jeden inneren Korrosionsschutz.

Die Ingenieure22, eine Gruppe von Ingenieuren, die bereits bei der Schlichtung dabei waren, rechneten nach und kamen auf etwa 175 Tonnen Eisen, das so im Laufe einer 7 jährigen Bauzeit in das Grundwasser eingeleitet wird. Eine solche Menge ist nicht mehr vernachlässigbar. Da das Grundwasser mit dem Mineralwasser in Verbindung steht, sind auch Auswirkungen auf das Mineralwasser zu erwarten. Die Ingenieure22 fragen deshalb bereits im Sommer 2011 nach. Die Deutsche Bahn, das Eisenbahnbundesamt, die Umweltbehörde und weitere Behörden wurden angeschrieben und darauf aufmerksam gemacht. Doch alle Behörden und die Bahn sind davon überzeugt, dass die Firma Hölscher das schon richtig macht.

Das Eisenbahnbundesamt verweist im Schreiben vom 21.7.2011 auf die untere Wasserbehörde der Stadt Stuttgart und diese schreibt am 29.7.2011: „Es besteht keine Gefahr für das oberflächennahe Grundwasser – und damit auch keine für das in der Tiefe liegende Mineralwasser.“ und verweist im übrigen an das Eisenbahnbundesamt mit den Worten: „Weitere Fragen in dieser Angelegenheit richten Sie nun bitte an das zuständige Eisenbahnbundesamt.“ Das Eisenbahnbundesamt schreibt dann am 9.8.2011: „Die untere Wasserbehörde der Stadt Stuttgart wurde um ihre Einschätzung gebeten. Aus  der Stellungnahme dieser Behörde ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass die Verwendung der fraglichen Rohre zu beanstanden ist.

Die Behörden schieben sich die Sache gegenseitig zu. Die Ingenieure22 bleiben an dem Thema dran und sie kommen noch an die Dokumentation über die Eignung der Rohre heran auf die sich Bahn, Behörden und das Eisenbahnbundesamt anscheinend berufen. Dieses Schreiben der Fa. Hölscher Wasserbau mit Datum vom 4.7.2011 an Herrn Penn von der DB Projektbau GmbH ist nicht viel mehr als eine Kopie einer Stellungnahme zur Bürgeranfrage Rohrleitungssystem vom 28.6.2011. Es wundert da auch nicht mehr, dass diese Bürgeranfrage von Hans Hydemann von den Ingenieuren22 stammt.

2011-07-04_Hoelscher_BlaueRohre_stn_hölscherwasserbau-page-0011
Schreiben der Fa. Hölscher Wasserbau GmbH an die DB Projektbau GmbH

 

Die Firma Hölscher bezeichnet es in dem Schreiben noch als das, was es ist – die Antwort auf eine Bürgeranfrage. Die Firma Hölscher behauptet in diesem Schreiben auch nicht, dass die eingesetzten Materialien gleichwertig zu den in der Ausschreibung geforderten innenbeschichteten Rohren seien. Die Fa. Hölscher Wasserbau bestreitet auch gar nicht, dass die Rohre einer ganz gewöhnlichen Korrosion (Rostung) unterliegen. Die Firma Hölscher Wasserbau GmbH stellt darin lediglich den Umfang der Rostung als unerheblich dar und verweist auf teils unzutreffende Literaturangaben. Auf die Gesamtmenge der ausgetragenen Korrosionsprodukte und deren Auswirkungen auf Grundwasser und Boden geht die Fa. Hölscher Wasserbau in diesem Schreiben mit keinem Wort ein.

Doch die Bahn macht nach unseren Informationen daraus die Dokumentation zum Nachweis der Gleichwertigkeit der eingesetzten Rohre. Andere Behörden akzeptieren das ohne es zu hinterfragen und für das Eisenbahnbundesamt ist es dann der erforderlichen Eignungsnachweis für die eingesetzten Materialien. Ein echter Nachweis der Gleichwertigkeit der Rohre zu den in der Ausschreibung geforderten Stahlrohre mit Kunststoffinnenbeschichtung wird in dem Schreiben nicht erbracht. Die Firma Hölscher Wasserbau verweist im wesentlichen auf ihre langjährige Erfahrung. Es heist lapidar:

Der Austrag von Eisenhydroxid (Rost) ist vernachlässigbar.

und

Die Qualität des Grundwassers wird unter Einhaltung der Einleitgrenzwerte nicht beeinflusst.

Die Ingenieure22 bleiben weiter dran, doch nachdem auch zwei Besprechungen mit dem Umweltministerium im Sand verlaufen, stecken die Ingenieure22 fest. Alle beteiligten Behörden und die Bahn machen die Täuschung mit den ungeeigneten Rohren mit. Die Sache bleibt bis zum April 2014 liegen. Ein Teil des Grundwassermanagements ist seit etlichen Monaten in Betrieb und auch manche der Infiltrationsbrunnen leiten bereits angepumptes Wasser aus einigen Baugruben zurück ins Grundwasser.

Wasserprobe vom Infiltrationsbrunnen IBr34
Wasserprobe vom Infiltrationsbrunnen IBr34

Mitte April erfolgte die Entnahme einer Wasserprobe am Infiltrationsbrunnen IBr 34 durch Aktivisten aus der Stuttgart 21 Bürgerbewegung. Was dort aus der Leitung heraus kam, das ist dem ersten Eindruck nach extrem stark mit Rost angereichert. Wie wir aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen erfahren haben, zeigt das Laborergebnis nicht nur Rost sondern weist auch andere eigenartige Werte auf. Was ist das für Wasser, das da durch die blauen Rohre fließt?

Update 29.05.2014 mit der Presserklärung der Ingenieure 22 gegen Stuttgart 21 sowie die Rede von Dipl. Ing. Hans Heydemann von den Ingenieure 22

Presserklärung Ingenieure 22: Rostwasser sickert in das Heilquellenschutzgebiet!

Am Montag den 26.05.2014 sprach Dipl. Ing. Hans Heydemann von den Ingenieure 22 während der 223. Montagsdemo gegen Stuttgart 21 über das Thema Rostwasser aus dem Stuttgart 21-Grundwassermanagment.

Weitere Informationen zum Thema gibts bei den Ingenieure 22

23.05.2014/rag

29.05.2014/kla

6 Kommentare

  1. jetzt müßte man nur noch einen verantwortungsbewußten Redakteur finden, der diese Schweinerei per Zeitungsbericht der Öffentlichkerit zugänglich macht.

  2. Bei der Anhörung zum Grundwassermangment wurde klar, daß die Behörden nur auf eines Wert legen. Es soll keine öffentlich-rechtliche Bauaufsicht geben. Deshalb wird die DB jemand bezahlen, der in ausreichenden Zeitabständen zur Vertuschung von Umweltvergehen und Planfeststellungsverstößen der Behörde AUFBEREITETE! Informationen weitergibt. Dass wie in Köln sich anschließend Behördenmitarbeiter für die von ihnen vertuschten Vergehen rechtfertigen müssen soll verhindert werden. Die Behörden trafen sich 80! mal mit der DB Projektbau in der Arbeitsgemeinschaft WasserUmweltGeologie , und haben dann u.a. so getan, als würden sie den Betrug mit fehlendem Gipskeuper auf Querschnittskarten durch den Killesberg nicht besser wissen. Obwohl in der Geißlerschen Faktenschlichtung von der DB ausnahmsweise die Wahrheit bereits (live im Fernsehen) zugegeben war. Sie sind also bei der Vertuschung bereit sich maximal zu blamieren. Das macht eine Behörde nur wenn der Kittel brennt.

  3. Großer Dank an euch!

    Super gemacht, hoffentlich müssen Kuhn und Co jetzt endlich reagieren!

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