Fragwürdige Polizeiaktionen nach der 246. Montagsdemo

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246. Montagsdemo
Polizeikette nach der 246. Montagsdemo auf der Königstraße

Gestern fand die 246. Montagsdemo auf dem Marktplatz statt. Und wie bereits vergangene Woche endete auch in dieser Woche der Demonstrationszug in der Bolzstraße. Doch im Unterschied zur vergangenen Woche war es gestern nur eingeschränkt möglich, nach der Demo durch die Königstraße zum Bahnhof zu gelangen, denn die Polizei hatte bereits am Schlossplatz eine doppelte Polizeikette quer über die Königstraße gebildet. Willkürlich ließen die Polizisten Passanten und vereinzelt Demonstranten hindurch, andere wurden am Weiterkommen gehindert. Dasselbe Schauspiel ereignete sich dann kurz vor der Schillerstraße am Abgang zur Klett-Passage. Auch dort bildete die Polizei eine doppelte Polizeikette direkt vor dem Abgang zur Passage und ließ willkürlich Passanten und auch Demonstranten hindurch oder auch nicht. Teilweise wurden die Passanten auch gefragt, wohin sie denn wollten, bevor sie durchgelassen wurden — oder eben auch nicht. Nach einer Viertel Stunde dann marschierten die Beamten an die Straßenseite, wo sie sich Rücken an Rücken postierten.

Wer als Unbeteiligter an diesem Abend durch die Königstraße lief, musste ob dieses Polizeiverhaltens den Eindruck gewinnen, dass die Demonstranten wirklich schlimme Menschen sein müssen, wenn die Polizei sich ihnen so massiv in einer Fußgängerzone in den Weg stellt. Und er oder sie musste sich zurecht ärgern, von der Polizei teilweise am Weiterkommen gehindert worden zu sein. Für zahlreiche Demonstranten wirkte dieses Verhalten zudem ziemlich einschüchternd. Und der Einzelhandel schließlich hat damit sicher wieder einen Grund, verärgert zu sein über diese ewigen Montagsdemonstranten, die die Shoppinglaune der braven Bürger beeinträchtigen. Dass es viel eher die Polizei ist, die durch derartige Aktionen gezielt Stimmung macht gegen die Montagsdemos, ist leider nichts neues.

Schon häufiger stellte die Polizei sich einer sich auflösenden Demonstrantenmenge in den Weg und zwang diese, in bestimmte Richtungen zu gehen. Die Rechtmäßigkeit solcher Aktionen darf durchaus angezweifelt werden und stellt in meinen Augen den Tatbestand der Nötigung dar. Dies vor allem, weil niemand gefährdet wird! Die Demonstranten behindern niemanden und sie gefährden niemanden, wenn sie durch die Fußgängerzone zum Bahnhof laufen. Doch hier in Stuttgart dürfen sich Demonstranten nach dem Ende der Versammlung nicht mehr frei in der Stadt bewegen, sondern werden genötigt, bestimmte Wege oder Richtungen einzuschlagen. Dass sich Demonstranten nicht in Luft auflösen können, dass sie den Versammlungsort verlassen müssen, dass sie nach Ende der Versammlung nicht vollkommen alleine die nächste U- oder S-Bahn aufsuchen, ist eigentlich selbstverständlich und kann das Verhalten der Polizei nicht rechtfertigen.

Doch nicht nur dieses Verhalten ist nicht zu rechtfertigen. Gestern konnte man auch wieder den ein oder anderen Zivilpolizisten direkt auf der Montagsdemo beobachten. Auch damit verstößt die Polizei gegen geltendes Recht, denn Versammlungen sind geschützte Räume, in denen Polizisten, ob zivil oder nicht, nichts zu suchen haben. Aber klar, auch das ist Taktik und soll einschüchtern. Dass die Polizei mit diesem Verhalten und mit der massiven Nötigung nach der Auflösung der Versammlung bei den hartgesottenen Gegnern weniger einschüchtert als vielmehr das Gegenteil provoziert, dürfte klar sein. Hielte sich die Polizei bei den Montagsdemos komplett im Hintergrund, gäbe es für viele Demonstranten gar keinen Grund, diese oft fragwürdig agierende Staatsmacht herauszufordern.

P.S. Stuttgart hat insgesamt ein Problem mit der Versammlungsfreiheit. Während es in Heidelberg, in Heilbronn und in anderen Städten gar kein Problem war, Demonstrationszüge durch Fußgängerzonen anzumelden, ist dies in Stuttgart nicht möglich, weil das Amt für Öffentliche Ordnung dies zu verhindern weiß. Auch das Gezerre um einen Versammlungsort während des Weihnachtsmarktes zeigt, wie schwer sich die Stadt damit tut, den Protest gegen Stuttgart 21 auch heute noch zu akzeptieren und sich die Demonstranten auf einem öffentlichkeitswirksamen Platz am Bahnhof versammeln zu lassen.

11.11.2014 / zwuckelmann

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