In den letzten Jahren habe ich schon des öfteren über die aktiven Naturschützer rund um und für den Hambacher Forst berichtet. Der Konzern RWE möchte in diesem Landstrich bei Köln seinen Braunkohleabbau weiter ausdehnen. (siehe Karte) Im Lauf der letzten Woche kam es nun zu Hausdurchsuchungen und einer erneuten Räumung der besetzten Waldgebiete. Ich habe nun einige Hintergründe dazu recherchiert.
Thomas ist seit 2 Jahren dort mit beim Klimacamp dabei. Er hat dort auch immer wieder Workshops gemacht. Im letzten Jahr hat er die Reclaim Power Tour, eine Fahrradtour von der Lausitz, Freiburg und Stuttgart zum Klimacamp ins Rheinland, mit organisiert und engagiert sich im Widerstand gegen RWE, gegen Braunkohleverstromung und für eine klimagerechte Zukunft. Er ist zudem aktiv im Wohnprojekt der Werkstatt für Aktionen und Alternativen (WAA Düren) und lebt dort in einer Wagenburg, in der Nähe des besetzten Walds und der besetzten Wiese vom Hambacher Forst.
Letzte Woche gab es bei euch Hausdurchsuchungen. Was und wer wurde da durchsucht und worum ging es? Der Grund der Hausdurchsuchung letzte Woche auf der Wiese war, offiziell vom Amtsgericht Aachen verfügt, und diente in ihrer Begründung der Sicherung von Beweismaterial bei der Ermittlung gegen Straftaten, die unter dem Stand der Ermittlungen in der „Szene“ der Bewohner_innen der Wiese zugeordnet werden. Der Durchsuchungsbeschluss umfasste alle Zelte und Hütten auf dem Gelände. Zur Beweissicherung wurden alle Notizen, Bücher, Tagebücher, im herkömmlichen und digitalen Bereich mitgenommen, alle Laptos, Kameras und alles womit Daten gesichert und gespeichert hinterlegt werden können wurden ausnahmslos mitgenommen – am Ende bleib auf der Wiese kein einziges beschriebenes Blatt Papier zurück, ich meine mitbekommen zu haben, dass die Beamten bei der Durchsuchung auch nicht zimperlich zu Werke gingen.
Wie lief das dann ab? Alle Personen auf der Wiese verweigerten die Angaben zu ihrer Person, nur eine Person, die im Rahmen der Beschlagnahme der Laptops, Kameras, freiwillig ihre Daten her gab, wurde daraufhin an dem Wohnort eine weitere Hausdurchsuchung am selbigen Tag angeordnet und durchgeführt. Zudem habe ich von min. einer weiteren Hausdurchsuchung letzter Woche erfahren, diese fand im Zusammenhang mit dem Klimacamp 2013 in der Projektwerkstatt statt.
Ging es den wirklich nur um die genannten Dinge oder was sollte da erreicht werden? Im Resümee dieser Woche können wir wohl davon ausgehen, dass die Durchsuchungsbeschlüsse von letzter Woche wohl auch in einem nicht geringen Anteil zur Vorbereitung an der Räumung der Waldbesetzung von diesem Donnerstag eine Rolle spielten.
Diese Räumung – Was war den da los und wie ging das vor sich? An diesem Donnerstag, 27.03.14 lief der Polizeieinsatz am frühen morgen an. Gegen 8 Uhr erreichten die Polizeieinheiten das Gebiet des besetzten Waldstücks des Hambacher Forst und der besetzten Wiese, unweit der Waldbesetzung. Ca. 20 Wannen drängten sich um die besetzte Wiese, alle anderen Polizeieinheiten, wir gehen von 2-3 Hundertschaften, plus Spezialkräfte (Klettertrupps, Baumabsäger, Logistiker, Feuerwehr, RWE) waren im Hambacher Forst und sperrten das Gebiet weiträumig um die besetzten Bäume ab.
Warst du da dann schon vor Ort? Wir wurden kurz danach informiert und setzen uns sofort in Bewegung und weitere Personen blieben draußen um die Infrastruktur zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit aufzubauen. Als wir am Wald eintrafen, konnten wir noch keine Polizei erkennen, erst als wir uns dem besetzten Gebiet näherten wimmelte der ganze Wald voller Wannen, anderer Einsatzfahrzeuge und Menschen in Uniform. Wir kamen durch die erste Polizeisperre noch durch, an der zweiten wurden wir bereits abgewiesen und weiterer Zugang verwehrt. Hier gab es nur noch Journalisten und uns, wobei den Journalisten kurz auch der direkte Zugang zur Besetzung verwehrt wurde. Uns blieb er den restlichen Tag verwehrt, aber wir haben Standorte gefunden die viel besser waren als die „eingebetteten“.
Wie viele Menschen waren den da noch im besetzten Gebiet? Mehrere Bäume waren zu diesem Zeitpunkt noch durch Baumhäuser von Aktivistis besetzt gewesen, insgesamt waren 5 Personen auf den Bäumen. 3 von den Aktivistis ketteten sich entweder an oder hatten ein Lockon (Anm. d. Red. Mechanische Konstruktionen die verhindern das Ketten etc. einfach durchtrennt werden). Die Aktivistis auf den Bäumen verließen im Laufe des Tages, bevor die Polizeikletter zu ihnen stoßen konnten, bereits ihre Baumhäuser und begaben sich weiter hinauf in die Baumkronen und sicherten sich dort und leisteten ihren Widerstand. Aus einem der Baumhäuser war noch lange Zeit Musik zu hören, meist Schlager oder Beatles, auch immer wieder Sirenen-Geräusche kam aus den Baumhäusern und Megaphon-Durchsagen mit ihren Erklärungen zum Widerstand.
Warum wurde der Wald den geräumt? Der Polizeieinsatz wurde gerechtfertigt dadurch, dass der Bauamtsleiter der Stadt Kerpen die Polizei um Amtshilfe zur Räumung der besetzen Bäume gerufen hatte. Der Wald ist jedoch bereits im Besitz vom Energiegiganten RWE und soll dem Braunkohleabbaggern zur Gewinnung der dreckigen Energie durch Braunkohle dienen. Nun macht sich aber RWE nicht selber die Hände dreckig und braucht das auch gar nicht, denn es gibt willige Helfer wie den Bauamtsleiter der Stadt Kerpen, der dies wohl aus nicht uneigennütziger Motivation und mit der wohl erhofften Belohnung seitens RWE gerne machte. Die offizielle Begründung war: Das die öffentliche Sicherheit für Fußgänger_innen des Waldes gefährdet wäre. Äste hätten aus den Baumhäusern herunterfallen könnten. Später wurde ein weiteres Argument hinzugefügt: Dass die Sicherheit der Aktivistis in den Baumhäusern nicht mehr gewährleistet werden konnte, da die Bauweise der Baumhäuser wohl unsicher sei und zudem das Gewicht von Beton-Lockon-Blöcken die Stabilität gefährdet hätten. So kam es schliesslcih zur Räumung der Aktivistis aus den Bäumen, die bis nach 20 Uhr andauerte.
Wie lief die Räumung dann konkret ab? Bei der Räumung wurden erst alle Seile und Netze zwischen den Bäumen abgetrennt, danach alle Banner abgeschnitten und sich schließlich mittels Hebebühnen die Kletterteams der Polizei möglichst nah an die Baumhäuser herangefahren. Von den Plattformen der Hubsteiger und Hebebühnen gelangten die Kletterer auf die Bäume und die Baumhäuser. Weit aus mehr Schwierigkeiten hatten die Spezial-Kletter an die Aktivistis welche in den Baumkronen hingen heranzukommen. Wir konnten immer wieder beobachten, wie Kletterteams nicht weiter kamen, fest saßen und abgelöst werden mussten. Mittlerweile hatten wir ernsthafte Angst um unser Aktivistis in den Bäumen, denn die Kletterteams waren fast alle ziemlich Schlecht. Sie haben zwar viel Material bei sich, aber können sich in Baumkronen schlecht bewegen. Schließlich wurde zum Teil den Aktivsitis sämtliche Äste um sie herum und auch die Bäume von oben nach unter abgesägt um an sie heranzukommen.
Die Räumung verlief weitgehend in ernsthafter aber ruhiger Grundstimmung ab, was auch wesentlich am Verhalten der Aktivistis lag. Alle 5 Besetzer_innen wurden von den Bäumen geholt und wurden nach der Personalienaufnahme umgehens freigelassen und sind wohlauf. Eine Aktivistin musste zur Behandlung in die Klinik, ist aber wieder draußen und alles ist bei ihr OK.
Was ist dann in dem Gebiet danach weiter passiert? Die Bäume auf denen die Besetzung stattfand, wurden umgehend alle gefällt und zu Kleinholz verarbeitet. Der Wald bleib weiterhin abgesperrt und durch Polizei bewacht, am Tag später sogar mit Polizeihunden. Auch bei der besetzten Wiese und der WAA in Düren wurden am nächsten Tag Polizeistreifen gesichtet.
Was denkst du war der wirkliche Grund für diese Aktionen? Dieser Polizeieinsatz zur Räumung sollte einem weiteren Kräftebeweis durch den Energiegiganten RWE an uns dienen, das Gegenteil ist der Fall. Am selbigen und darauf folgendem Tag fanden mehrere Spontan-Soli-Aktionen in mehren Städten Deutschland und eine in Wien statt. Zudem konnte ich vernehmen, dass ein Tag X definiert worden ist der eine neue Waldbesetzung terminieren soll, dabei soll es sich um den 4. Samstag nach der Räumung handeln und dies ist wohl der 26.04.14 wie ich lesen konnte.
Wir verurteilen den Polizeieinsatz vom vergangenen Donnerstag, sowie die stattgefundenen Hausdurchsuchungen eine Woche zuvor aufs schärfste.
Dies beweist einmal mehr, dass weder beim Energiekonzern RWE, noch der Politik die nötige Einsicht bei der unsinnigen Gewinnung durch Braunkohle eingekehrt ist. RWE und die bundesdeutsche Politik, auch die EnBW in Baden-Württemberg halten es weiterhin nicht für nötig sich von der dreckigen Energie der Braunkohle und Steinkohle zu verabschieden. Diese Energiegewinnung ist total überholt und muss sofort eingestellt werden. Die Bürgerinnen und Bürger haben mit der Bürger_innen Energiewende in den letzten Jahren bereits bewiesen, dass eine andere Art der Stromgewinnung möglich ist, dezentral, regional, bedarfsorientiert und regenerativ. Doch das EEG zerstört bereits alle aufgekeimten Öko-Pflänzchen und wird vom Qualm der Kohlekraftwerke eingenebelt.
Die Energiegiganten RWE, E-on, Vattenfall und EnBW ist die Bürgerernergie ein Dorn im Auge und wird deshalb zerschlagen. Übrigens dienen auch die 3 Stromtrassen die durch Deutschland geplant sind nicht der Energieverteilung, sondern der Monopolsicherung der Konzerne und soll uns weiterhin in die Abhängigkeit von Energie drängen.
Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima konnte es der Kanzlerin mit der „Energiewende“ nicht schnell genug gehen, doch die Energiewende beinhaltete lediglich die Wende von Atomstrom zu Kohlestrom. Zu 100% wurde der reduzierte Atomstrom durch dreckigen Kohlestrom ersetzt und die Produktion von Kohlestrom hat sogar den Bedarf an Energie in Deutschland in den letzten beiden Jahren deutlich übertroffen und musste dann ins Ausland billigst verscherbelt und sogar verschenkt werden. Bereits 26% der Energie in Deutschland wird aus Braunkohle gewonnen, weitere 19 % aus Steinkohle – das sind zusammen 45% der deutschen Energiegewinnung!
Ca. 16% des in Deutschland produzierten CO2 stammen aus dem Braunkohlerevier im Rheinland, zwischen Köln und Aachen. Hier befindet sich neben den Braunkohleförderstätten von Inden, Garzweiler 1 und Garzweiler 2 eben auch der Tagebau Hambach, eine bisheriges Abbaugebiet von 8×10 Km und 450 Meter Tiefe, das größte künstliche Loch Europas. Dieses Loch soll bis ins Jahr 2050 weiter munter wachsen und dem Energiereisen RWE die Taschen und Schweizer Bankkonten mit „Kohle“ füllen und zu dem weiteren Abbau gehört auch der Hambacher Forst, ein Urwaldgebiet von ehemals ca. 5500 Hektar, das bereits auf unter 1000 Hektar herunter gefällt und ab gebaggert worden ist, am Restwald des Hambacher Forst stellt sich unser Widerstand den Profit- und Machtinteressen der RWE und der Politik von Landes- und Bundesregierung entgegen.
Jede_r kann zur Energiereduktion beitragen, indem sie/er seine Energieverschwendung im eigenen Haushalt und Umfeld reduziert und drosselt, das schont nicht nur den Geldbeutel, sondern schont auch der Umwelt und Klima.
Wer weitere Infos haben möchte oder mal hier ins rheinische Braunkohlerevier kommen möchte um sich den Wahnsinn mal zeigen und erklären zu lassen, ist jederzeit willkommen und kann sich gerne bei Thomas oder in der WAA Düren melden, unter : 0176/78 88 59 05 Infos auch unter : hambacherforst.blogsport.de
LoB – 30.03.2014