Kennzeichnungspflicht für Polizei

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podiumsdiskussion b 1

Seit drei Jahren (27.März 2011) hat Baden-Württemberg eine grün-rote Landesregierung die in Ihrem Koalitionsvertrag (auf den Seiten 66/67) eine Kennzeichnungspflicht für die Polizei bei Großlagen vorsieht. „Wir werden eine individualisierte anonymisierte Kennzeichnung der Polizei bei sogenannten „Großlagen“ einführen, unter strikter Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Polizistinnen und Polizisten.“
Seitdem ist viel Zeit vergangen und die Gewerkschaften laufen dagegen Sturm. „An den Plänen der Landesregierung zur Kennzeichnungspflicht für Polizisten gibt es heftige Kritik. Die Gewerkschaft der Polizei will nach den Worten ihres Landesvorsitzenden Rüdiger Seidenspinner notfalls gegen so eine Kennzeichnung klagen. Seidenspinner bestätigte einen entsprechenden Bericht der „Stuttgarter Nachrichten“. Er sehe keinen Grund, warum sich Polizisten so präsentieren müssten. „Wir sind in dieser Frage kompromisslos.“ Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lautensack, äußerte sich ähnlich: „Ich bin in der Konsequenz total gegen eine Kennzeichnungspflicht.“ Die Polizei werde damit unter Generalverdacht gestellt. Eine Klage sollte aber erst geprüft werden, wenn die Modalitäten der Regelung klar seien, betonte er.“ …… (Quelle: Die Welt 04.03.2014)

Die Piratenpartei Baden-Württemberg lud deshalb am 06.05.2014 in Ihre Landesgeschäftsstelle in Stuttgart zu einer Podiumsdiskussion zur Kennzeichnungspflicht den Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Joachim Lautensack ein. cams21 hat diese interessante und teilweise hitzige Diskussion aufgezeichnet.

Die Protagonisten (v.l.n.r.) Joachim Lautensack (DPolG), Norbert Hense (Stellv. Landesvorsitzender), Martin Eitzenberger (Landesvorsitzender)

In der Diskussion wurde gesagt es ist immer möglich anhand der vorhandenen Kennzeichnung die Beamten zu identifizieren, deshalb hier nochmal der Artikel der „Stuttgarter Zeitung“ vom 11.10.2013 der dem widerspricht. „Von den 515 Verfahren richteten sich 228 gegen unbekannte Polizeibeamte (156) und Projektgegner (72). Im zurückliegenden Jahr wurden die letzten 100 davon abgeschlossen, „weil kein strafbares Verhalten feststellbar war oder kein Beschuldigter identifiziert werden konnte“. Anhängig sei nur noch ein einziges Verfahren gegen einen nicht identifizierten Polizeibeamten wegen Körperverletzung im Amt, heißt es in dem Bericht.“

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf den Artikel der „Kontext: Wochenzeitung“ – „Anonyme Truppe, die alles darf ?“  (02.04.2014) ein Interview mit dem Hamburger Polizeiprofessor Rafael Behr verweisen.

D.h. die Situation ist immer noch nicht geklärt, eine Annäherung der beiden Lager pro/kontra Kennzeichnungspflicht der Polizei bei Großlagen ist nicht in Sicht, schade eigentlich. Vielleicht die schwedische Variante ein Kompromiss ?: Bei der Schwedischen Polizei sind Polizisten nicht gekennzeichnet, es sei denn, sie sind zum Beispiel durch das Tragen eines Helmes unkenntlich, in welchem Fall sie eine Nummer oder ihren Dienstausweis offen tragen müssen. Auf Wunsch müssen sie ihren Dienstausweis zeigen.“

 

07.05.2014 / pet

 

 

3 Kommentare

  1. auch ein herr lautensack sollte nicht nur reden sondern endlich die kennzeichnungspflicht soschnell wie mögich einführen. es ist höchste eisenbahn das es gemacht wird warum streuben sich die obersten dagegen. so das der kleine bürger den polizeibeamten nicht wieder indetifizieren kann und auch keine namen bennen.
    bin eigentlich wütend das in baden-würtemberg alles erst toddiskutiert wird.
    habt endlich den mut und setzt das durch.
    demoschlampe

  2. Herr Reizenberger benennt das Problem, nachdem Herr Lautensack argumentiert hat, dass jeder aus einer Einheit auch selbst für Sehbehinderte identifizierbar sei und dann natürlich auch von den Leuten aus der Einheit benannt werden könne: den Korpsgeist. Thomas Mohr, beteiligt am Schlossgarteneinsatz, hat diesen dann von dem Vorgesetzten seiner Einheit als „Verräter“ in der Sache zu spüren bekommen. Auf diesen Korpsgeist dürfen wir dann noch den Kadavergehorsam der Beamten/innen im Einsatz, von dem hier dann die Rede ist http://de.paperblog.com/pressetext-kritischer-polizisten-51563/ oben drauf packen. Und dann haben wir ein unseliges Gespann bei Straftaten seitens der Beamten/innen, das nur durch eine Kennzeichnung gezügelt werden kann. Diese Kenzeichnung individualisiert den Beamten und signalisiert ihm, sobald er sich sein Schildchen für den Einsatz angeheftet hat, eine ganz persönliche Verantwortung als Staatsbürger vor dem Gesetz, mit der er sich nicht hinter seiner Einheit verstecken kann. Und gibt dem Bürger das Gefühl, dass da auf der anderen Seite auch ein Mensch wie Du und ich steht und kein „Bulle“ und daher kein Räuber und Gendarm Spiel läuft. Da müssen wir hinkommen. Daher ist Herr Gall aufzufordern, diese Kennzeichnungspflicht endlich einzuführen.

    Zum Korpsgeist erinnere ich an die Geschichte mit dem RAF-Terroristen Grams http://de.wikipedia.org/wiki/GSG-9-Einsatz_in_Bad_Kleinen und an die damals den Vorgang der Aufarbeitung der Umstände begleitenden Worte des Herrn Kohl: Kameraden verrät man nicht, die wohl den damals am Einsatz beteiligten GSG-9 Leuten den Rücken im Korpsgeist stärken sollten. Diese Worte des Grossen Vorsitzenden des Ehrenwortes wurden damals von der Presse nicht weiter aufgegriffen. Sie wären es aber wert gewesen, auch wenn sie damals in diesem Zusammenhang fielen, und man sich wohl genau aus diesem Grunde scheute. Rechtsstaat muss Rechtsstaat bleiben. Auch in seinen bitteren Momenten. Bazarverhältnisse wie sie heute diesen Rechtsstaat auf allen Ebenen durchdringen sind nicht erwünscht. Frau Öney hat diese als tiefen Staat einmal in einer Bemerkung anklingen lassen. Und wer war dann auf den Barrikaden und hat die „Rechtsstaatverräterin“ Öney denunziert? Genau.

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