Unerhörte Forderungen

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Die Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 beansprucht für sich, eine Bewegung nicht nur gegen einen neuen Bahnhof, sondern weit darüber hinaus eine Bewegung für mehr Demokratie und Transparenz zu sein. Denn gerade bei Stuttgart 21 wird deutlich, wie wenig die betroffene Bevölkerung mitsprechen durfte und wie oft wichtige Entscheidungen entweder auf Basis bewusst falscher Informationen oder aber in Hinterzimmern gefällt wurden. Doch wie glaubwürdig kann eine Bewegung Demokratie und Transparenz fordern, wenn es in ihren eigenen Reihen ebenso massiv an Demokratie und Transparenz mangelt? Und wie lange kann eine Bürgerbewegung einen solchen internen Widerspruch aushalten?

 

Eine Bürgerbewegung ist keine juristische Person, deren Verfasstheit ähnlich der eines Unternehmens oder eines Vereins gesetzlich geregelt wäre. Sie ist auch kein Staatswesen, in dem es einen Gesetzgeber, einen Souverän, eine Regierung oder ein Parlament gäbe. Es gibt für sie keine internen Gesetze und keine verbindlichen Regeln, außer „die Bürgerbewegung“ selbst gibt sich solche.

Demokratische Strukturen und Transparenz in einer amorphen, inhomogenen Bürgerbewegung umzusetzen, ist eine große Herausforderung – und sollte dennoch grundsätzlich angestrebt werden, sobald sich viele unterschiedliche Menschen und Gruppierungen gemeinsam organisieren, um ein gemeinsames übergeordnetes Ziel zu erreichen. Denn nur, wenn die Mitglieder einer Bürgerbewegung sich in der Bewegung wiederfinden, Einfluss nehmen, mitgestalten und sich dadurch mit der Bewegung selbst identifizieren können, bleiben sie aktiv. Alles andere wird früher oder später zu Frust und Rückzug der Aktivisten und schließlich zum Ende der Bewegung führen.

Die Zentren der Macht

Die Schwierigkeit der Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21, demokratische und transparente Strukturen in den eigenen Reihen zu etablieren, hängt primär mit den gewachsenen Machtstrukturen innerhalb der Bewegung zusammen. Denn auch in der Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 und ihren teilweise verwirrenden Strukturen geht es um Macht, Einfluss, Prestige und Geld. Und wie im Großen so auch im Kleinen gibt niemand gerne freiwillig Macht und Einfluss an andere ab. Deshalb gibt es bis heute keinen geregelten Prozess, der es jedem Aktivisten und jeder Gruppe dieser Bewegung ermöglicht, sich angemessen Gehör zu verschaffen und Einfluss zu nehmen auf die Strategie und Richtung der Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21.

Zwei Machtzentren haben sich in der Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 schon sehr früh herausgebildet: das „Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21“ und die „Aktiven Parkschützer“. Ihre Macht manifestiert sich nicht nur in der internen Strategiefestlegung für die gesamte Bewegung und ihre externe Verhandlungsmacht gegenüber Bahn und Projektpartnern, sondern vor allem auch in der Verfügungsgewalt über die noch immer enormen Spendengelder. Neben diesen beiden Machtzentren gibt es noch den Parkschützer-Rat als quasi-demokratisches Widerstands- und Vernetzungsforum. Sein Einfluss ist jedoch äußerst begrenzt.

1. Das Aktionsbündnis

Das „Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21“ (AB) hat sich im September 2007 formiert – damals noch unter dem Bündnisnamen „Bürgerentscheid gegen Stuttgart 21“. In ihm haben sich BUND, ProBahn, VCD, Bündnis 90/Die Grünen und der Verein „Leben in Stuttgart – kein Stuttgart 21“ zusammengeschlossen, um Unterschriften für ein Bürgerbegehren zu sammeln und gemeinsam Demonstrationen zu organisieren. Zugpferde des Aktionsbündnisses waren lange Zeit der BUND mit dessen Vorsitzender Brigitte Dahlbender und der Verein „Leben in Stuttgart – kein Stuttgart 21“ mit dessen Vorsitzenden Gangolf Stocker. Sie gaben dem Bündnis ein Gesicht und prägten die Widerstandsbewegung nachhaltig. Das Aktionsbündnis organisierte zahlreiche hochklassige Montags- und Großdemonstrationen, gab Gutachten in Auftrag und klopfte rechtliche Möglichkeiten ab. Ohne das Aktionsbündnis wäre der Widerstand gegen Stuttgart 21 wahrscheinlich nicht so schnell so groß und so schlagkräftig geworden.

Obwohl in der ersten Pressemitteilung zur Gründung des Bündnisses einige unterstützende Organisationen genannt wurden, ist das Aktionsbündnis doch bis heute ein geschlossener Zirkel geblieben, der seit seiner Gründung nur wenige ausgewählte Gruppierungen aufgenommen hat: so die Stiftung Architekturforum, die Partei Die Linke, das parteifreie Bündnis SÖS Stuttgart Ökologisch Sozial, den Verein Schutzgemeinschaft Filder und die Gruppen Gewerkschafter gegen Stuttgart 21, SPD-Mitglieder gegen Stuttgart 21, ArchitektInnen für K21 und die „Aktiven Parkschützer“. Es gibt im Aktionsbündnis keine verbindlichen Regeln oder Modalitäten, unter welchen Kriterien interessierte Mitgliedsgruppen aufgenommen werden. Die Entscheidung obliegt einzig der Willkür der bestehenden Mitglieder. Vereinzelte Versuche einzelner Mitglieder, weitere Gruppen aufzunehmen, sind am Widerstand der anderen Mitglieder gescheitert.

Anders als zum Beispiel das Frankfurter Bündnis der Bürgerinitiativen gegen den Flughafenausbau ist das Stuttgarter Aktionsbündnis deshalb nie zu einer wirklichen Dachorganisation der gesamten Bürgerbewegung und ihrer Gruppierungen geworden. Nicht das Fußvolk, nicht die weit über 100 aktiven Gruppierungen gegen Stuttgart 21, nicht die Masse der Bürgerbewegung hatte im Aktionsbündnis ihr Sprachrohr, sondern allein die großen Institutionen und Parteien. Das Aktionsbündnis, das übrigens im Fraktionsraum der Grünen im Stuttgarter Rathaus tagt, war und ist durch den Einfluss politischer Parteien (direkt über die Parteien selbst, indirekt aber auch über die politischen Abhängigkeiten vor allem des BUND und VCD) nie nur dem Kampf gegen Stuttgart 21 verpflichtet gewesen. Es gab Entscheidungen wie zum Beispiel die aktive Teilnahme an der Volksabstimmung, die rein aus politischem Kalkül einzelner Mitglieder getroffen wurden und bei denen Stuttgart 21 und die Interessen der Bürgerbewegung eine untergeordnete Rolle spielten.

2. Die Aktiven Parkschützer

Bei einem „BUND-Aktiventreff“ zu Stuttgart 21 im Jahr 2009 fanden sich einige Teilnehmer zusammen, die sich verstärkt um den Parkschutz kümmern wollten. Die Parkschützer waren geboren. Die Forum-Seite parkschuetzer.de wurde kurz darauf von Gangolf Stocker ins Leben gerufen, um Interessierten die Möglichkeit zur Information und Diskussion zu geben. Diese Webseite trug ganz entscheidend dazu bei, dass sich immer mehr Widerstandsgruppen bildeten: Stadtteilgruppen (Cannstatter, Vaihinger …), Bezugsgruppen (Mondschafe, Bumerang, Wurzel …) und Struktur- und Fachgruppen (Versorger, Juristen zu S21, Ingenieure gegen S21 …)

Um die große Masse der dort registrierten Parkschützer von den ursprünglichen Initiatoren abzugrenzen, wurde der auch intern umstrittene Name „Aktive Parkschützer“ (APS) aus der Taufe gehoben, der fortan die Gruppe der bis zu 30 Aktivisten bezeichnete, die sich intensiv um die Organisation und Koordination des anwachsenden Widerstand kümmerten. Diese Gruppe hat viele heute noch vorhandenen Widerstandsinstitutionen initiiert, so zum Beispiel die Mahnwache, die Informations-Webseite www.bei-abriss-aufstand.de (BAA), das Alarmsystem zur Mobilisierung für den Parkschutz, das Parkschützer-Büro und einige weitere.

Um diesen vielfältigen Aktivitäten einen rechtlichen Unterbau zu geben, gründeten die „Aktiven Parkschützer“ bereits Ende 2010 den Verein Umkehrbar e.V., der zum Beispiel Mieter des Parkschützer-Büros ist, der aber auch die Spendengelder der Montagsdemos, die von den „Aktiven Parkschützern“ durchgeführt werden, erhält. Die Mitglieder der „Aktiven Parkschützer“ und des Umkehrbar e.V. sind deshalb und bis heute mehr oder weniger identisch. Der Vereinsvorsitzende ist Fritz Mielert (auch Geschäftsführer des AnStifter e.V.), der Schriftführer Malte Plath und die Kassenwartin Sylvia Heimsch. Neben diesen noch heute in ihrer Funktion tätigen Mitglieder gab es bei der Gründung weitere 17 Gründungsmitglieder: Carola Eckstein, Ursula Binder, Myriam Rapp, Walburga Bayer, Harald Andre, Gudrun Merkle, Valentin Funk, Bernhard Maier, Thomas Renkenberger, Doris Steidle, Emilia Maxim, Norbert Befurt, Max Kirste, Jürgen Hugger, Christoph Reinstadler, Sabine Schmidt und Matthias von Herrmann. Wer von diesen heute noch Mitglied des Vereins ist, ist unbekannt. Die Satzung regelt, dass über die Aufnahme neuer Mitglieder der Vorstand, im Zweifel die Mitgliederversammlung entscheidet. Die Ablehnung eines Aufnahmeantrags muss nicht begründet werden. (Die Namen der Gründungsmitglieder und die Satzung sind im Registergericht für jeden öffentlich einsehbar.)

Der Erfolg des Parkschützer-Forums führte sehr schnell zu massiven Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen der Gruppe der „Aktiven Parkschützer“ und den anderen „Parkschützern“, die sich auf der Webseite als solche registriert hatten. Die „Aktiven Parkschützer“ erhielten zunehmend den Ruf eines elitären Zirkels. Denn wenn die einen die „aktiven“ sind, sind die anderen zwangsläufig die „passiven“. Tatsächlich waren die „Aktiven Parkschützer“ durchaus aktiv. Viele von Ihnen besetzten zum Beispiel im Sommer 2010 den vom Abriss bedrohten Nordflügel. Doch der Aktivitätsgrad nivellierte sich zusehends, denn immer mehr Parkschützer-Gruppen wurden neben den „Aktiven Parkschützern“ aktiv und oft sogar noch aktiver, so dass der Name „Aktive Parkschützer“ immer diskriminierender wirkte.

Die strukturelle Intransparenz und begriffliche Unschärfe führte auch dazu, dass die Abgrenzung zwischen „Aktiven Parkschützern“ und „Parkschützern“ für Außenstehende schwierig wurde. So hatte zum Beispiel die Gruppe der „Aktiven Parkschützer“ mit Matthias von Herrmann einen Pressesprecher, der speziell für diese Gruppe sprechen durfte. Die Medien sahen jedoch keinen Unterschied, so dass von Herrmann sehr schnell und kurzerhand zum „Pressesprecher der Parkschützer“ mutierte, obwohl er von „den Parkschützern“ nie mandatiert wurde. Anstatt für 30 „Aktive Parkschützer“ sprach er plötzlich für 30.000 Parkschützer. Dies wurde zumindest intern immer wieder als ungebührliche Anmaßung angesehen – erklärt aber auch, warum die „Aktiven Parkschützer“ nie ernsthaft versucht haben, durch eine Umbenennung für mehr Transparenz nach Außen und für weniger Provokation und Diskriminierung nach Innen gesorgt zu haben. Denn sie profitieren von dieser Unschärfe.

Der elitäre Ruf der „Aktiven Parkschützer“ beruht auch auf der als sehr exklusiv angesehenen Mitgliedschaft im Aktionsbündnis. Die „Aktiven Parkschützer“ sprechen mit, wenn es um die Strategie der Widerstandsbewegung geht, wenn es um Widerstandsaktionen geht und um wichtige Entscheidungen. Und sie haben einen Informationsvorsprung vor dem großen Rest der Bürgerbewegung. Vielleicht werden sie im Aktionsbündnis sogar auch als rechtmäßige Vertretung der großen Masse an Parkschützern angesehen. Diese gefühlte Wichtigkeit hat dazu geführt, dass sich diese Gruppe zunehmend gegenüber anderen Gruppen abgeschottet hat. Neue Mitglieder werden kaum aufgenommen. Heute ist nicht einmal mehr zu erfahren, wer genau dieser Gruppe angehört.

Die Abschottung wird damit begründet, dass die Zusammenarbeit der Mitglieder dieser Gruppe so eingespielt und gut sei, dass man dies nicht durch neue Mitglieder gefährden möchte. Die Geheimhaltung begründen einzelne Mitglieder damit, dass viele der „Aktiven Parkschützer“ sich so stark engagieren würden, dass sie als Angestellte oder kleine Selbständige große Furcht vor beruflichen Nachteilen hätten, wenn ihr Name in Zusammenhang mit den „Aktiven Parkschützern“ gebracht würde. Wie berechtigt diese Furcht vor Verfolgung und Benachteiligung ist, bleibt vor dem Hintergrund, dass viele Aktivisten wesentlich stärker als die „Aktiven Parkschützer“ im Fokus der Verfolgungsbehörden stehen, offen – und hinterlässt zugleich einen übertriebenen, leicht paranoiden Eindruck.

3. Der Parkschützer-Rat (PSR)

Gefördert durch die Erfahrung der Undurchlässigkeit des Aktionsbündnisses und der „Aktiven Parkschützer“ wurde schon sehr früh und immer wieder gefordert, der Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 eine wirklich demokratische Vertretungsstruktur zu geben, in der die gesamte Widerstandsbewegung die Möglichkeit haben sollte, zu Wort zu kommen, sich zu vernetzen und über wichtige Entscheidungen zu beraten. Mit dem „Parkschützer-Rat“ wurde dieser Forderung Rechnung getragen – jedoch mit mäßigem Erfolg. Der Parkschützer-Rat wurde Ende 2010 als „Widerstandsrat“ gegründet und sollte als Sprachrohr, als Vernetzungs- und Diskussionsplattform der vielen Widerstandsgruppen dienen. Theoretisch sollte jede Widerstandsgruppe einen Vertreter in diesen Rat schicken. Die Vertreter würden dort diskutieren und Entscheidungen vorbereiten. Die Entscheidungen selbst sollten dann wieder in den Einzelgruppen getroffen werden, die der Gruppenvertreter dann wiederum zurück in den Rat trägt.

Diese theoretische Idee hat sich in der praktischen Umsetzung als schwierig erwiesen: so haben Einzelkämpfer keine Möglichkeit, sich zu artikulieren oder dort einzubringen; es sind immer dieselben wenigen Gruppenvertreter, die am Parkschützer-Rat teilnehmen, deren Mandatierung nicht überprüfbar ist; bis heute ist vielen Aktivisten gar nicht klar, dass sich der Parkschützer-Rat mehrmals im Monat trifft – die Treffen werden kaum publik gemacht; die rein auf basisdemokratischem Konsens beruhenden Entscheidungsfindungen machen den Rat sehr schwerfällig und verhindern einen kreativen Diskurs; personelle Überschneidungen in den Gruppen machen das Vertreterprinzip beliebig (Mitglieder der „Aktiven Parkschützer“ treten dort zum Beispiel einmal als Vertreter der „Aktiven Parkschützer“ selbst, dann aber auch des „Umkehrbar e.V., der Mahnwache, der Infooffensive, des Parkschützer-Büros etc. auf. Für welche Interessen sie dort dann jeweils sprechen, bleibt unklar.) Die größte Schwäche ist jedoch, dass der Parkschützer-Rat weder über finanzielle Mittel noch über einen ordentlichen stimmberechtigten Sitz im Aktionsbündnis verfügt, so dass seine Entscheidungs- und Einflussmöglichkeiten äußerst begrenzt sind.

Um die letzte Schwäche etwas auszugleichen und den Parkschützer-Rat aufzuwerten, willigten die „Aktiven Parkschützer“ 2011 ein, dass ein vom Parkschützer-Rat gewähltes „Finanzteam“ über die von einzelnen Widerstandsgruppen beantragten finanziellen Unterstützungsleistungen entscheiden dürfe. Die Leistungen würden dann aus dem Spendenkonto des Umkehrbar e.V. finanziert. Dieses Konstrukt erwies sich jedoch als äußerst labil, denn das erst in den vergangenen Wochen neugewählte Finanzteam wurde von einigen „Aktiven Parkschützern“ nicht akzeptiert. Die „Aktiven Parkschützer“ entzogen dem Parkschützer-Rat daraufhin die komplette Finanzhoheit und übertrugen sie zurück auf den Vorstand des Umkehrbar e.V. – wo sie rein rechtlich ohnehin schon immer lag. Dies zeigt beispielhaft die strukturell bedingte Zahnlosigkeit des Parkschützer-Rats. Gleichwohl ist dieses Gremium wohl das demokratischste, das die Widerstandsbewegung in Stuttgart hervorgebracht hat.

Die Insignien der Macht

Auch eine Bürgerbewegung besitzt Insignien der Macht. Die drei wichtigsten sind die Verhandlungsmacht, die Informationshoheit und die finanzielle Verfügungsgewalt. Betrachtet man die Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21, wird schnell klar, wer über Macht verfügt, wie die Macht verteilt ist und warum es so schwer ist, den Prozess der Demokratisierung und die Durchsetzung von Transparenz anzustoßen.

1. Verhandlungsmacht

Für die Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 hat schon sehr früh exklusiv das Aktionsbündnis gesprochen. Durch die Schlagkraft der in ihm organisierten Institutionen war eine Öffentlichkeitswirksamkeit und Glaubwürdigkeit möglich, die die Aktivisten allein niemals erreicht hätten. Deshalb und weil den Aktivisten lange Zeit nicht klar war, wie geschlossen das Aktionsbündnis tatsächlich war, wurden sämtliche Verhandlungen mit den Projektbefürwortern unter Zustimmung oder zumindest stiller Akzeptanz der Aktivisten vom Aktionsbündnis geführt. Schlichtung, Stresstest oder Volksabstimmung, immer hat das Aktionsbündnis die Richtung vorgegeben – und die Aktivisten sind mitgegangen in der Gewissheit, dass die Entscheidungen des Aktionsbündnisses in der Sache und im Sinne der Bürgerbewegung gefällt wurden.

2. Informationshoheit

Als Veranstalter der Montags- und Großdemos können BUND und „Aktive Parkschützer“ darüber bestimmen, wer auf diesen Demonstrationen reden darf und wie lang jeweilige Redebeiträge sein dürfen. Diese Selbstverständlichkeit führt jedoch dazu, dass es Gruppen und Personen gibt, denen es systematisch verwehrt wird, dort zu sprechen, weil es Vorbehalte gegenüber diesen Personen oder aber gegenüber ihren Inhalten gibt. (Beispielhaft sei hier nur die „Blockadegruppe“ genannt, deren praktizierte Widerstandsform vielen im Aktionsbündnis zu weit ging und dem Ansehen der Bürgerbewegung angeblich mehr schaden als nützen würde.) Die Veranstalter sind sozusagen die Zeremonienmeister der organisierten Bürgerbewegung und bestimmen, was die Aktivisten zu hören und zu lesen bekommen. Damit wird auf eine Art und Weise Einfluss genommen, die inzwischen recht eigenartige Züge annimmt: konnte man früher noch sicher sein, dass auf Montagsdemos nur bewiesene, verlässliche Fakten verbreitet wurden, passiert es immer häufiger, dass effekthascherisch auch Themen behandelt werden, die so eindeutig und klar nicht sind – sich aber für die Organisatoren recht gut verkaufen. Dies ist vielleicht eine typische Folge von Entscheidungen in immer gleichen Zirkeln.

Ähnliches, was für die Organisation der Demonstrationen gilt, lässt sich auch für die Veröffentlichung von Ankündigungen feststellen: Wieder sind es Aktionsbündnis und „Aktive Parkschützer“, die darüber befinden, welche Information auf den Wochenflyer, auf die einflussreichste Widerstandsseite BAA und in die Kalender der Bürgerbewegung kommt. Grundsätzlich wird alles veröffentlicht – aber auch hier sind die interessanten Fälle die Ausnahmen, die gemacht werden und die aus ganz bestimmten politischen oder strategischen Überlegungen der Machthaber, nicht der Bürgerbewegung herrühren.

3. Finanzielle Verfügungsgewalt

Bürgerbewegungen benötigen Geld, um aktiv zu werden. Alle finanziellen Mittel müssen dabei über Spenden erwirtschaftet werden. Spenden erhält derjenige, der mit einer Spendendose bei Veranstaltungen sammelt oder der es schafft, seine Kontoverbindung auf Veröffentlichungen zu drucken. Der Großteil der Spenden der Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 wird nach Aussage der Kassenwartin des Umkehrbar e.V. über die Montagsdemonstrationen, über den T-Shirt-Stand und über die Mahnwache generiert. Darüber hinaus gibt es natürlich einige kleine Extra-Kassen wie zum Beispiel Spenden für die Versorger, für Cams21 oder für den Rechtshilfefonds, die direkt diesen Gruppen zufließen. Die Spenden der Mahnwache und des T-Shirt-Stands fließen auf das Konto des Umkehrbar.e.V., die Spenden der Montagsdemo auf das Konto des jeweiligen Veranstalters, also entweder des Aktionsbündnis bzw. BUND oder der „Aktive Parkschützer“ bzw. Umkehrbar e.V. Diese Spenden kommen dem Widerstand insgesamt zugute, denn durch diese Spenden werden unter anderem die Montagsdemonstrationen bezahlt, umfangreichere Protestaktionen oder auch Flugblätter und sonstige Veröffentlichungen und Aktionen.

Der BUND als gemeinnützige Nichtregierungsorganisation muss regelmäßig Rechenschaft ablegen und wird immer wieder Prüfungen unterzogen. Durch die rechtliche Struktur ist klar, wer die Geschäfte führt und wer auf die Konten Zugriff hat. Allerdings fließen sämtliche Spenden für den BUND auf ein einziges Konto. Es gibt kein zweckgebundenes Konto, kein K21-Konto. In der Regel wird versucht, die Gelder dem vom Spender gewünschten Verwendungszweck zukommen zu lassen, aber eine Garantie dafür gibt es nicht. Dadurch sind Quersubventionierungen in die ein und in die andere Richtung nicht ausgeschlossen – und eine transparente Aufschlüsselung nahezu unmöglich. Wie viel Geld nun dem Widerstand durch das Aktionsbündnis zur Verfügung steht, wird damit zu einer fast beliebigen, politischen Abwägungen nicht entzogenen, intransparenten Maneuvriermasse. (Anmerkung vom 3. Juli: Die vom Autor gemachte Aussage stimmt so nicht, wie nun Gerhard Pfeifer unten in einem Kommentar richtig gestellt hat. Der BUND verfügt sehr wohl über getrennte Konten, so dass zumindest für den BUND selbst transparent ist, wie hoch Spendeneinnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit dem Widerstand gegen S21 sind. Veröffentlicht werden nach Kenntnis des Autors diese Angaben jedoch nicht.)

Beim Umkehrbar e.V. sieht es ähnlich aus. Hier sind der Vereinsvorsitzende, der Schriftführer und die Kassenwartin namentlich bekannt. Wer darüber hinaus heute noch Mitglied in diesem Verein ist und damit maßgeblich Einfluss auf die Verwendung der Vereinsgelder hat, wird nicht veröffentlicht. Da Sylvia Heimsch als Kassenwartin des Vereins vor nicht allzu langer Zeit bestätigte, dass der Umkehrbar e.V. 19 Mitglieder hätte, ist davon auszugehen, dass der Großteil der Gründungsmitglieder noch heute Mitglied dieses Vereins ist. Rechtlich gesehen bleibt der Umkehrbar e.V. mit seinen Mitgliedern der alleinige Inhaber des vom Widerstand durch Spenden generierten Vereinsvermögens und auch alleiniger Entscheider über dessen Verwendung.

Beide, BUND und Umkehrbar e.V. entscheiden also jeweils alleine, wen sie finanziell unterstützen – oder auch nicht. Weder gibt es klare, überprüfbare Kriterien, wann finanzielle Unterstützung gewährt wird, noch gibt es einen transparenten Einblick in die Höhe und Verwendung der Spendengelder. Es wird auch keine Rechenschaft darüber abgelegt, für welche Leistungen, die dem gesamten Widerstand zu Gute kommen sollen, bezahlt wird und welche Leistungen rein ehrenamtlich erbracht werden. Dabei geht es überhaupt nicht um die Verurteilung von Aktivisten, die sich ihre gute Arbeit bezahlen lassen, sondern nur um das Recht der Bürgerbewegung, auch darüber Bescheid zu wissen.

Die Erklärung, dass die Größe der Kriegskasse strategisch wichtig sei und niemals veröffentlicht werden dürfe, erscheint doch eher weit hergeholt, wenn man bedenkt, über wie viel finanziellen Spielraum die Gegenseite verfügt und es von Anbeginn an ein Kampf David gegen Goliath war. Die immer wieder geäußerte Gegenfrage, warum man als Fußvolk nicht auch weiterhin einfach darauf vertraue, dass schon alles wie bisher auch mit rechten Dingen zugehe und alles nur zum Besten für die Bürgerbewegung geschehe, entblößt eine unschöne, patriarchalisch-autoritäre Ader der aktuellen Machthaber. Schließlich geht es nicht um Vertrauen oder Misstrauen, sondern um Transparenz und Offenheit. Wenn alles rechtmäßig zugeht, braucht niemand Transparenz zu scheuen.

Machtverteilung heute und morgen

Zusammenfassend kann man mit einer äußerst verärgerten Aktivistin zugespitzt feststellen: „Unsere erheblichen Spendengelder versickern in zwei Töpfen: Aktionsbündnis bzw. BUND und Aktive Parkschützer bzw. Umkehrbar e.V. Wir wissen nicht, wie viel Geld wir haben und dürfen nicht danach fragen. Wir wissen nicht, wer die Mitglieder der beiden Gremien sind, die über diese Töpfe bestimmen, und wir dürfen nicht nach ihnen fragen. Wir haben weder das eine Gremium gewählt noch das andere. Wir sollen uns abstrampeln, bunt und kreativ sein, vielleicht auch das eine oder andere Bußgeld oder Gerichtsverfahren finanzieren, aber im Übrigen die Klappe halten. Wir kämpfen bis zur Erschöpfung für mehr demokratische Teilhabe und transparente Geldflüsse – und lassen uns das bieten. Uns ist wirklich nicht zu helfen!“

Die beschriebene Machtverteilung rührt natürlich von den Anfängen der Bürgerbewegung her, wo das Motto galt: „Wer macht, hat Macht“. Doch was zu Anfang wichtig und richtig war, um schnell aktiv zu werden und die starke Dynamik der Menschen, die etwas tun wollten, nicht zu gefährden, erweist sich nach Jahren zunehmend als Bremsklotz bzw. als eigentlicher Spaltpilz. Eine so große Bewegung kommt irgendwann nicht mehr darum herum, sich zu demokratisieren und Mitsprachemöglichkeiten zu institutionalisieren.

Die einzige Möglichkeit, wie sich die Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 demokratisieren kann, besteht in der konsequenten Öffnung des Aktionsbündnisses für alle interessierten Gruppen und gleichzeitig in der Öffnung der „Aktiven Parkschützer“ bzw. des Umkehrbar e.V. für alle interessierten Mitstreiter. Nur dann, wenn Aktivisten eine reale Möglichkeit haben, über die Strategie, die Richtung und auch die Finanzen der Bürgerbewegung mitzubestimmen, werden sie motiviert und aktiv bleiben. Eine Demokratisierung sollte möglichst in den bestehenden, gewachsenen und gewohnten Strukturen geschehen. Die einzige Alternative besteht im Aufbau einer Parallelstruktur zu den bestehenden Machtzentren. Die Schaffung eines „Aktiven Parkschützer-Aktions-Rats“ dürfte – wenn sich Aktionsbündnis und „Aktive Parkschützer“ nicht kooperativ zeigen und nicht bereit sein sollten, Macht abzugeben – sehr schwierig werden, da ein solcher interner Machtkampf die Bürgerbewegung wahrscheinlich überfordern würde.

Der ungläubige Widerstand der Mächtigen gegen eine solche Strukturreform ist menschlich und sehr verständlich – und auch in der großen Politik nur allzu oft gesehen. Gleichwohl, die Mächtigen, also Aktionsbündnis und „Aktive Parkschützer“ haben es selbst in der Hand, die längst überfällige Strukturreform aktiv mitzugestalten und sich zu öffnen und für Transparenz zu sorgen. Wenn sie sich dieser Notwendigkeit verweigern, werden sie höchstwahrscheinlich selbst dafür die Verantwortung tragen müssen, dass sich die Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 (und damit auch ihr eigener Einfluss darin) weiter dezimiert … Aber wer weiß, vielleicht ist der Gedanke, dass das genau die Berechnung des Aktionsbündnisses und der „Aktiven Parkschützer“ oder zumindest von Teilen von ihnen sein könnte, gar nicht so unerhört weit her geholt. Denn beide Gremien führen, wie oben dargestellt, ein intransparentes Doppelleben mit unklarer Agenda.

Ein Wort am Schluss: Vermutlich wird dem Autor die Spaltung der Bewegung vorgeworfen werden. Doch an den Tatsachen ändert diese Zusammenfassung nichts, denn die Unzufriedenheit und Spaltung in der Bürgerbewegung geht nicht von ihrer Diagnose, sondern von deren Ursache aus.

29.06.13/zwu

20 Kommentare

  1. http://www.kontextwochenzeitung.de/pulsschlag/119/das-gruene-schweigen-1280.html – mit allen Kommentaren lesen!
    Der Kommentar um 01:26 Uhr, dessen Verfasser mir gänzlich unbekannt ist, spricht mir aus der Seele:
    „Dem Aktionsbündnis will ich keineswegs Aufrichtigkeit und ehrliches Bemühen absprechen, gleichzeitig kann man aus der Zahl der Sitzungsteilnehmer nicht auf die Demokratieform schliessen. Egal, ob das in einem Hinter- oder in einem regulären Zimmer stattfindet.
    Strategische Planungen und Entscheidungen allein auf Funktionärstreffen abzuhandeln, das ist CDU. Das ist 20. Jahrhundert. Von Demokratie kann da keine Rede sein, denn gewählt ist keine(r) von denen und es finden auch keine Wahlen statt.
    Demokratisch und aktuell wäre es, bei den Sitzungen eine Kamera dazu zu stellen, damit man hören kann, was dort passiert. Tagesordungen, soweit vorhanden, und Protokolle zu veröffentlichen. Planungen bekannt zu machen, bevor über sie entschieden wird. Eine öffentliche Diskussion zu ermöglichen.
    Doch nichts davon findet statt. Noch nicht einmal die Ergebnisse werden mitgeteilt. Deswegen wundert mich der Unmut über dieses Gremium nicht im geringsten.“

  2. Ich stimme Zwuckelmann in vielen seiner Ausführungen zu, selbst wenn manches „to much“ erscheint. Auch ich denke, klare,ehrliche Kommunikation und Durchsichtigkeit (ich vermeide heir bewußt das „T“-Wort 😉 ) und auch offenes Ansprechen von Mißständen oder überholten Strukturen führt keineswegs zur Spaltung der Bewegung, so wie es frimfram schreibt.
    Als „auswärtiger“ badischer Verbündeter, der ich im Juli 2010 das erstemal beim „Protestival“ in Stuttgart dabei war und mir damals eine Episode auffiel (was die Dominanz der Grünen betrifft), nämlich als ein älterer Herr irgendwas pausenlos von „unserem grünen Führer,Chef, dem Wölfle“ zu unserer Gruppe sagte. Ich wußte damals nicht, wer „der Wölfle“ war, aber wunderte mich schon…Nach allen Erfahrungen, die ich bis heute gesammelt habe, finde ich auch, das Parteien, vor allem solche, die durch ihr „Nicht-Verhalten“ wie die Grünen (siehe Lügen auf der Site des MVI! oder $21 aus der Wahl raushalten) im AB nichts verloren haben….Deswegen kan ich Esky Bail nur zustimmen:

    „Demokratisierung der Strukturen und Ausmistung auch von Personen. Am besten demokratische Neugründung. Demokratie demokratisieren!“

    SymBADISCHE OBEN BLEIBEN-Grüße 🙂

    • stimme dir zu, wolfgang! parteien, zumal die selbsternannten kritischen begleiter (mit winne mittendrin siehe http://www.kontextwochenzeitung.de/pulsschlag/116/das-10-000-millionen-euro-projekt-1256.html ), haben nichts im widerstand zu suchen.
      https://menschbleiben.wordpress.com/2011/01/27/widerstand/
      lincoln sagte einmal: “Die Kräfte des Geldes beuten die Nation in Zeiten des Friedens aus und verschwören sich in Zeiten der Not gegen sie. Sie sind despotischer als eine Monarchie, anmaßender als eine Autokratie, selbstsüchtiger als eine Bürokratie. Ich erwarte schon für die nahe Zukunft eine Krise, die mich beunruhigt und um die Sicherheit meines Landes fürchten läßt. Gesellschaften haben sich inthronisiert, eine Ära der Korruption wird folgen, und die Finanzleute des Landes werden alles tun, diesen Zustand zu verlängern, indem sie die Voreingenommenheit der Menschen zu ihrem Vorteil nutzen, bis der Wohlstand sich in wenigen Händen angesammelt hat und die Republik zerstört ist.”

      NAI HÄMMER GSAIT! und OBEN BLEIBEN!

  3. […] Unerhörte Forderungen Die Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 beansprucht für sich, eine Bewegung nicht nur gegen einen neuen Bahnhof, sondern weit darüber hinaus eine Bewegung für mehr Demokratie und Transparenz zu sein. Denn gerade bei Stuttgart 21 wird deutlich, wie wenig die betroffene Bevölkerung mitsprechen durfte und wie oft wichtige Entscheidungen entweder auf Basis bewusst falscher Informationen oder aber in Hinterzimmern gefällt wurden. Doch wie glaubwürdig kann eine Bewegung Demokratie und Transparenz fordern, wenn es in ihren eigenen Reihen ebenso massiv an Demokratie und Transparenz mangelt? Und wie lange kann eine Bürgerbewegung einen solchen internen Widerspruch aushalten? https://cams21.de/unerhorte-forderungen/ […]

  4. Werter Zwuckelmann,
    eine ziemlich gute Analyse. Da Du allerdings so sehr auf dem „aktiv“ in „Aktive Parkschützer“ herumreitest, ist vielleicht eine Klarstellung der Geschichte der APS angebracht.
    Der Name „Aktive Parkschützer“ als Abgrenzung zu den Parkschützern auf PS.de geht auf Gangolf Stocker zurück, dem der Wunsch und Anspruch der APS, die physische Seite der „virtuellen Parkschützer“ zu sein, gegen den Strich ging. (Wohlgemerkt zu einer Zeit als die von Dir beschriebene Abschottung der APS noch längst nicht eingesetzt hatte.) Es gab da auch noch andere Querelen um die „virtuellen Parkschützer“, aber die sind für Deine Analyse nicht maßgeblich.
    Wichtig ist aber (nicht nur in der „historischen“ Darstellung) zu verstehen, dass das AB damals großes Misstrauen und starke Abwehrreflexe gegen die APS zeigte. Ganz ähnlich, wie heute die APS gegenüber anderen Gruppen im Widerstand. Anders als damals ist heute aber wenig Raum für weitere Parallelstrukturen (neben AB und APS) zu erkennen, in dem sich Spenden in sinnvollem Umfang für die Finanzierung … von was eigentlich? … erwirtschaften ließen. … oder eine weitere wöchentliche Großveranstaltung (wie z.Zt. die Montagsdemo) zu etablieren. Flapsig gesagt: Ich sehe gerade keine „Marktlücke“, in die eine neu verfasste Bewegung (neben AB und APS) stoßen könnte. Das war bei der Entstehung der APS anders. – Aber vielleicht übersehe ich ja auch etwas.

  5. dazu die Richtigstellung von Gerhard Pfeifer, Vertreter des BUND im Aktionsbündnis:

    Grundsätzlich habe ich ein Problem auf eine Person zu antworten, die ihren richtigen Namen nicht preisgibt.
    Die Behauptungen von Zwuckelmann sind aber so grottenfalsch, dass ich kurz dazu eine Klarstellung machen möchte.

    Der BUND verwaltet neben seinem Girokonto ein weiteres zweckgebundenes Konto für Aktivitäten des Aktionsbündnisses (AB). Das AB-Konto bei der SWB hat die Nummer 618 052 020. Das eigentliche BUND-Konto hat die Nr. 618 052 003.
    Die Konto-Nummer für das AB wird über die K21-Seite, AB-Flugblätter und -broschüren kommuniziert. Spenden an das AB gehen also direkt auf dieses Konto.
    Ebenso die Barspenden, der vom AB finanzierten Demos. Von diesem 020 Konto ab gehen Kosten für Aktivitäten des AB, z.B. die AB-Demokosten, Druck von AB-Flublätter, Gerichtskosten, Gutachten etc.
    Eine Quersubventionierung gibt es nicht, weil es zwei getrennte Konten gibt.
    Über die ordnungsgemäß Verwendung dieser Konten achten der BUND-Regionalvorsitzende, der BUND-Regionalgeschäftsführer, der BUND Schatzmeister, sowie zwei Kassenprüfern des BUND.
    Abschließend werden die BUND-Finanzen jedes Jahr der BUND Regionaldelegiertenversammlung offen gelegt und diese beschließt dann final.
    Das oben beschriebene Konstrukt wurde vor ca. zwei Jahre vom Finanzamt ohne Beanstandungen geprüft.

    Schlußbemerkung:
    Beiträge a la Zwuckelmann, rauben einem den letzten Nerv und die letzte Kraft und ich habe den Eindruck, dass die sog. Bewegung gerade dabei ist mit solchen „Zwuckel-Manien“ sich selbst zu zerlegen.

    Gruß

    Gerhard Pfeifer

    • Lieber Gerhard Pfeifer, ich verstehe, dass Sie bei einer solchen falschen Darstellung äußerst genervt und verärgert reagieren. Gleichzeitig seien Sie bedankt für Ihre Richtigstellung! Das ist durchaus auch Sinn und Zweck dieses Artikels gewesen, den ich im übrigen so gut, wie es in der Kürze der Zeit eben möglich gewesen ist, recherchiert habe. Den Personen, mit denen ich gesprochen habe und bei denen man davon ausgehen kann, dass sie sich in den Strukturen auskennen, war diese Tatsache offenbar auch nicht klar. Andere, die es vielleicht besser wussten, haben oft auf meine Anfrage nicht reagiert. Insofern: gut, dass wir darüber gesprochen haben. Und selbstverständlich habe ich den Artikel entsprechend geändert.

      Auch ich möchte eine Schlussbemerkung machen und Sie auf die Schlussbemerkung des Artikels aufmerksam machen: ich glaube nicht, dass die Forderung nach Transparenz und Mitbestimmung die sog. Bewegung zerlegt, sondern eher die Tatsachen, dass bis heute viele Aktivisten offenbar nicht wussten, dass der BUND getrennte Konten hat, und auch dass bis heute niemand so recht gesagt bekommt, wie viel Spendengelder eingenommen wurden und für was sie ausgegeben werden. Und schließlich ist die Finanzfrage nur die Spitze des Eisbergs, in dem Artikel geht es ja um ein wenig mehr 😉

      • Moin!
        Danke für die Antwort. Ich habe sie an Gerhard Pfeifer und andere Mitglieder das Aktionsbündnisses weitergeleitet.

        Grüße

        Nico Nissen

  6. […] Dieser nach Jahren erste zaghafte aber wichtige Schritt in die durchaus richtige Richtung macht Mut das manche Entwicklung dann doch evtl. nicht “unumkehrbar” ist. Zur Vertiefung dieses Themas empfehle ich bei Interesse, einen der seltenen öffentlichen Versuche diese Verknüpfungen zu beleuchten. (Auch wenn man nur Generell wissen will was diese Organisationen sind und wie sie zusammen hängen.) In diesem Fall hat es “Zuckelmann”, aus dem cams21 Team, auf sich genommen diesen Versuch zu starten. Dazu hat er sich mit Lupe und Kopflampe in die Verstrickungen gestürzt. […]

  7. Guter Beitrag von Zwuckelmann über das Innenleben der Bewegung gegen S21 – Und ihrer eigenen Schwierigkeiten mit der Demokratie, der Transparenz, der Offenheit und der Klüngelei von „Eliten“.

  8. Es gibt in dieser Bewegung auch Menschen, die sich schon länger mit Demokratie und auch schon länger mit Bewegung beschäftigen, als in Stuttgart ein Bahnhof verbuddelt werden soll. Es gäbe ganz einfach die Möglichkeit, einen „Demokratiekongress“ mal für die Bewegung zu machen, um die eigenen Defizite mal offen anzusprechen und sachlich an Lösungen zu arbeiten. Es geht schließlich nicht um Schuldzuweisungen über vergangene Versäumnisse, sondern darum, wie Bewegung demokratisch und dennoch schlagkräftig werden kann. Und nach außen würde uns dieser Fortschritt auch wieder Sympathien einbringen. Aber so weit sind wir wohl noch nicht.
    Zwuckelmann danke ich an dieser Stelle für die sehr gute Ausarbeitung der Situation. Ich denke die Bewegung steht vor einer Runderneuerung, und die ist auch dringend nötig. Sie sollte nur auch erneuern wollen, und nicht einfach nur auf Leute eindreschen, die irgendetwas vermeintlich falsches tun oder taten.

  9. Ich kann der Analyse sehr weitgehend zustimmen, manche Dinge, die mir unbekannt waren, als gegeben vorausgesetzt. Ein ernüchternder Befund, dem man sich ungern stellt, von „unten“ nicht, wer gesteht schon gern ein, hin und her geschoben zu werden, von „oben“ nicht, weil es schnell Schluss mit Schieben-lassen heißen könnte. Und weil mehr wechselseitige Einsicht in die Innenwelt der eigenen Seite dem Gegner nutzen könnte, wird lieber fortgeschwiegen. Deine Sorge, Zwuckelmann, mit diesem Statement der Spaltung geziehen werden zu können, drückt wohl die ganze offensichtliche Wirkung dieses Denkverbots aus.

    Ich stimme auch zu, dass eher umgekehrt weiteres Fortschweigen zu diesen Fragen dem Gegner am Ende mehr nutzen, jedenfalls unserem Anliegen und zumindest unserer inneren Glaubwürdigkeit mehr schaden würde. Und leider kann ich selbst Deiner grausam hingeworfenen Frage (Aber wer weiß …) am Ende kein „undenkbar!“ entgegenrufen, jedenfalls solange die Grünen, denen trotz immer noch vereinzelter Lippenbekenntnisse wahrscheinlich nicht mal mehr Ambivalenz zu unterstellen wäre, im Aktionsbündnis sitzen. Das ist in meinen Augen seit der Landtagswahl, spätetstens seit der sog. Volksabstimmung, das Ungeheuerlichste auf „unserer“ Seite.

    Zwischen „oben“ und „unten“ hat es in dieser Protestbewegung nach meinem Eindruck nie einen wirklichen Austausch gegeben, allein, was die offene Bühne betrifft, ungezählte vergebliche Versuche auf parkschuetzer.de, sich endlich Gehör zu verschaffen, wenn ich insbesondere an „Schlichtung“, „Stresstest“ und „Volksabstimmung“ zurück denke. Wie hermetisch hat das Aktionsbündnis in diesen wesentlichen Phasen seine Entscheidungen getroffen, als gäbe es die ganze Klugheit der Basis nicht. Hannes Rockenbauch hatte sich noch alle Mühe gegeben, den gegenteiligen Eindruck entstehen zu lassen, nur auch allzu schnell gereizt und in allzu offensichtlich Absicht, die Wogen zu glätten und mit der Zeit dieser durchsichtigen Rolle wohl selbst überdrüssig.

    Es ist spät, an diese ganzen Fragen heranzugehen, vielleicht zu spät – auf keinen Fall, es zu versuchen. Ich sehe keine andere Möglichkeit, als es im großen Kreis, mit Repräsentanten aller wesentlichen Gruppen und Untergruppen zu wagen. Und wenn das Aktionsbündnis, die APS nicht bereit sein sollten, sich dem zu stellen, reicht meine Phantasie so weit, mir auszumalen, wie sie bewogen werden könnten.

  10. Herzlichen Dank.
    Dein sehr gelungener Beitrag trägt keinesfalls zur Spaltung, sondern ganz im Gegenteil, zur notwendigen Neustrukturierung dieser gerade durch ihre Vielfalt so einzigartigen Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 bei.
    So unterschiedlich die Ausrichtung der einzelnen Organisationsformen und Gruppierungen auch sein mögen, es ist dringend an der Zeit, dass sich alle wieder aufeinander zu bewegen und auch die eventuellen persönlichen Ressentiments in den Hintergrund drängen, um der Bewegung wieder zu mehr Glaubwürdig, Transparenz, Einfluss und Schlagkraft zu verhelfen. Das setzt jedoch gegenseitigen Respekt und Dialogfähigkeit auf allen Seiten voraus, ohne dass dabei einzelne oder bestimmte Gruppen diffamiert werden. Ich bin für alle Bemühungen dankbar, egal in welcher Aktionsform sie sich auch ausdrücken mögen, die dieser unvergleichlichen Bewegung zu neuem Schwung verhelfen können, um gemeinsam Stuttgart 21 zu verhindern. Dieses Projekt steht stellvertretend für katastrophale Fehlplanung, politische Intrige, Intransparenz, Korruption und das Versagen der staatlichen Gewaltenteilung und eines großen Teils der etablierten Medien. Die Widerstandsbewegung steht symbolisch für die Reform unserer Demokratie, also muss sie auch fähig sein, mit gutem Beispiel voranzugehen.

  11. Es gibt das republikanische und das demokratische Prinzip. Beim ersten zählt die individuelle Verantwortung und das eigenständige Verwirklichen im Zusammenhang mit gleich gesinnten beim zweiten steht die gemeinsame Wahrheitssuche im Kreis der Individuen, der eigenständigen nicht gruppengebundenen Teilnehmer in einem Entscheidungsgremium. Nach meinem Kenntnisstand haben wir beim Aktionsbündnis und dem sie tragenden ziemlich tatkräftigen Gruppen, und da zähle ich APS dazu, eine Mischung von beidem. Allerdings handelt es sich durchgängig um ehrenamtliches Engagement, dessen einziger Lohn darin besteht, mit einer gewissen Zeitökonomie die gemeinsam ins Auge gefassten Ziele ohne große Störungen durchziehen zu können. Das führt ohne eine reguläre Vereinsstruktur, bei dem die Handelnden ein großer Vorstand sein könnten, zu nicht immer verstandenen Abschottungen. Dennoch fluktuiert das Aktionsbündnis mehr oder weniger zyklisch. Personen kommen und gehen durch Kooption. Im AB sitzen Menschen die fast alle größere einsatzfreudige Gruppen oder Organisationen vertreten, in denen sie sich bereits demokratisch legitimiert haben. Eine weitere demokratische Legitimation wird als Überforderung angesehen. Es ist ein gewisse Dilemma, mit dem aber verantwortungsvoll umgegangen wird, soweit sich das von außen beobachten lässt. Das sich da mitunter außerhalb Frust aufbaut, ist nicht unverständlich. Dennoch gibt es in einer Bewegung eine sogenannte Abstimmung durch Besuch der Veranstaltungen und durch Spenden. Es sieht bis jetzt so aus, als ob die Verantwortlichen durchaus geschickt agieren. Die Bewegung ist an dieser Stelle besser als ihr Ruf. Die Kritiker müssen sich überlegen, ob sie es denn besser könnten. Das dürfte sehr schwer sein. Möglich ist natürlich eine Muster an Demokratie hinzulegen. Das könnte aber dazu führen, dass die Handlungsfähigkeit aus den Augen verloren wird.

  12. In der Tat eine sehr gute Beschreibung. So etwa das erste mal, dass ich einen Überblick über dieses eher undurchsichtige Konstrukt „S21-Widerstand“ zu lesen bekomme.

    Eine grosse, gemeinsame Organisation braucht es nicht nur für Transparenz, sondern auch für ein halbwegs geschlossenes Auftreten. Fragen wie „Ich möchte für den K21 spenden, wie ist die Kontonummer?“ oder „wer ist der Ansprechpartner?“ müssen ohne zu zögern beantwortet werden können. Dann klappt’s auch besser mit Randbeobachtern und der Presse.

    Erbsenzählerei: Frau Dahlbender ist kein Vorsitzender, sondern eine Vorsitzende (6. Absatz).

  13. Sehr informativer und interessanter Beitrag. Interessant auch die Rolle der Grünen. Sie nehmen nämlich genau 2 Rollen ein: „Gegen“ einen Ausstieg und „Für“ einen Ausstieg. Diese geschickte Taktik entfaltet auch durch Ihre Position im AB eine verheerende Wirkung für die Bürgerbewegung. Nachdem die Grünen nun zum Projekt überhaupt nichts mehr sagen, ist es überfällig diese aus dem AB und der Bürgerbewegung zu entfernen. Wie heisst es so schön: ein bisschen Schwanger gibt es nicht!

  14. Danke Zwuckelmann, eine sehr-sehr gute Analyse. Alle, die ich in der Bewegung kenne würden das Geschriebene unterstreichen. Nur befürchte ich, dass die, die es angeht, einfach kalt läßt. Wie kürzlich aus einem Brief der Kassenwärtin hervorging, gibt es Appetitliche und Unappetitliche. Die Appetitlichen – also die Guten, die im Beruf stehenden haben auch die Macht, die anderen, die Unappetitlichen sollen die Spenden bringen. So funktionier Bürgerverachtung und ich bin sicher, dass dies keine Einzelmeinung ist, sondern dass sich so eine Meinung schon sowohl bei APS und AB etabliert hat
    und sich durch diese Läden zieht.
    Also erste Pflicht: Demokratisierung der Strukturen und Ausmistung auch von Personen. Am besten demokratische Neugründung. Demokratie demokratisieren!
    Hinweis auch auf den Bananenbieger-Block . Dort gibt es auch eine sehr gute Zusammenfassung der Mängelliste.

  15. Am Anfang wird auf die Nichtverfasstheit der Bürgerbewegung eingegangen. Dies ist kein gottgegebener Mangel, sondern liesse sich schnell beheben durch einen Dachverein, der jedem bekennenden S21-Gegner offen steht. Vereine sind das beste, was man in so einer Situation machen kann, denn man ist einerseits nach aussen rechtsfähig und nach innen demokratisch, da Vereine in der BRD üblicherweise demokratisch verfasst sein *müssen*. Das eröffnet den Mitgliedern die Möglichkeit, mauschelige Beschlüsse anzufechten, nicht dem Vereinszweck handelnde Organe abzuwählen oder den Verein schädigende Mitglieder auszuschliessen.

    Die Problematik der APS/Parkschützer wurde gut herausgearbeitet, jedoch ist nach meinem Wissen Klaus Gebhard der Initiator der Parkschützer. Er hat die Seite dann in Zusammenarbeit mit LiS e. V. entwickelt, wobei da auch noch einiges zu erwähnen wäre.

    Beim PSR ist genau jene angesprochene, unklare Mandatierung das Problem. Ich selber weiss, dass da teilweise Einzelpersonen reingehen und vorgeben, für eine Bezugsgruppe zu sprechen. Hier fehlen Regeln, hier fehlt Verfasstheit. Das wäre im Prinzip einfach zu machen, gilt aber als pfui-bäh, wie wir hier (Moderatoren PS-Forum) ja immer wieder gesagt bekommen.

    Zum Geld: ein nachvollziehbares Dauerthema, hierzu sei jedoch gesagt, dass der Vereinsvorstand bzw. seine Organe dem Verein verpflichtet sind und daher ohne weiteres weder Geld herschenken oder sich einem externen Gremium unterwerfen können. Der erwähnte Dachverein könnte dieses Problem lösen.

    (auch zu lesen unter http://www.parkschuetzer.de/statements/158127)

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