Inge Hannemann kommt: so warb der Flyer von Verdi Erwerbslosenausschuss Stuttgart und sehr viele kamen. Der Saal im Mehrgenerationenhaus Heslach war am Montag den 24.02.2014 bis auf den letzten Platz gefüllt. Inge Hannemann ist eine Jobcenter Mitarbeiterin und Whistleblowerin und wurde durch das Aufdecken und Öffentlich machen von menschenrechtswidrigen Verstößen innerhalb der Arbeitsagentur Hamburg Altona bundesweit bekannt. Ihr Arbeitgeber, das Jobcenter Hamburg Altona, hat sie bis auf Widerruf von ihrer Arbeit freigestellt. Den Menschen die Bezüge zu kürzen, das fand sie „menschenunwürdig, weil der Betrag schon am Existenzminimum liegt“, meint Hannemann. Die Arbeitsvermittlerin betreute hauptsächlich junge Hartz 4 Empfänger. Für die ausgebildete Journalistin saßen da vor ihrem Schreibtisch im Jobcenter Hamburg Altona stets Menschen und keine Fälle oder gar Nummern. Und wie Menschen behandelte Inge Hannemann die „Kunden“ des Jobcenters auch. Hannemann kritisiert das Hartz 4 System stark, denn in den meisten Fällen bringe es die Menschen nicht in sinnvolle und bezahlte Arbeit, sondern in irgendeine Form unsicherer Beschäftigung.
cams21 hat die Veranstaltung, organisiert vom Verdi Erwerbslosenausschuss Stuttgart, unterstützt von „Die Linke“, Live ins Internet gestreamt und aufgezeichnet. Siglinde Engelhardt vom ver.di Erwerbslosenausschuss und Tom Adler Stadtrat LINKE standen für Rückfragen und Unterstützung von Inge Hannemann bereit.
Für die „eiligen“ hier die Aufzeichnung des Vortrages von Inge Hannemann:
die gesammte Aufzeichnung der Veranstaltung (2 Std. 15 Min.), Vortrag und Diskussion/Fragerunde wurde moderiert von Tom Adler (Stadtrat „Die Linke)
Da es zu diesem Thema im „Netz“ viel zu entdecken (und Wissen!) gibt hier ein paar Seiten und Links:
Inge Hannemann ‚herself‘
altonabloggt Themen rund um und aus Altona und Hamburg
Bundesregierung plant weitere Verschärfungen bei Hartz IV
Wir Gehen Mit – Die Mitläufer e.V. bitte bitte macht mit, ich finde Stuttgart nicht 🙁 (Anm.der Redaktion)
Whistleblower Netzwerk e.V. Whistleblower sind Menschen mit Zivilcourage. Sie schlagen Alarm, wo es nötig ist.
taz.panterpreis 2013 „Heldin des Alltags“
Woher kommt das alles, eine kurze Rückblende in die Vergangenheit:
„Wer zumutbare Arbeit ablehnt, wird mit Sanktionen rechnen müssen“, sagte Kanzler Schröder am 14.3.2003 im deutschen Bundestag: Damals ahnte niemand, welche menschenverachtende Schinderei ein Jahrzehnt später als „zumutbar“ gelten würde. Selbst Verletzungen des UNO-Sozialpaktes und der Menschenrechte gelten anscheinend in Folge dieser zynischen Politik als „zumutbar“. Die Hintermänner dieser Politik sitzen in der Industrie und ihren Lobby-Organisationen, die sich selbst zunehmend als „Zivilgesellschaft“ bezeichnen und sich als eine Art Bürgerengagement tarnen. Neben der viel gescholtenen „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ ist dies vor allem die Bertelsmann-Stiftung, federführend bei Hartz IV und vielen anderen neoliberalen Grausamkeiten.
Schröder wurde im Wahlkampf 1998 wohl kaum zufällig von Sendern und Blättern Bertelsmanns (RTL, n-tv, Stern, Spiegel) gehypt und zum „Medienkanzler“ geadelt. Die Idee dahinter könnte gewesen sein, dass ein neoliberal gewendeter Sozialdemokrat Angriffe auf den deutschen Sozialstaat und das Lohnniveau leichter vortragen kann als ein Kanzler aus der rechten Ecke. Und so wurde Deutschland ohne nennenswerten Widerstand der Gewerkschaften zum Billiglohnland gemacht, der Sozialstaat geschleift und die Umverteilung von Armen zu Reichen nicht gestoppt (wie viele rotgrüne Wähler gehofft hatten), sondern noch verschärft. Das (angeblich nicht erwünschte) Ergebnis des Sozialkahlschlags: Das Wuchern des deutschen Niedriglohnsektors auf 22 Prozent, die verdeckte Arbeitslosigkeit von fast einer Million „Aufstocker“, deren Billig-Sklavenarbeit, an der sich ausbeuterische Unternehmer eine goldene Nase verdienen, vom Staat subventioniert wird. Klar ist dabei der offensichtliche Zusammenhang mit dem boomenden Reichtum, der auf Kosten der prekär Schuftenden entsteht. (Quelle: jasminrevolution)
Die Rede von Bundeskanzler Schröder (SPD) zur Einführung der Agenda 2010 (Hartz 4) im Bundestag am 14.03.2003.
27.02.2014 / pet